Frage von Simona (26) an Doktor Sex:Vor einem Jahr habe ich endlich den Mann gefunden, der perfekt zu mir passt. Er ist mir in vielem ähnlich und für den Rest eine tolle Ergänzung. Ein halbes Jahr hatten wir es super und ich war auch für ihn die große Liebe. Doch dann wurde er durch einen Todesfall und wegen einer nicht bestandenen Prüfung emotional heftig erschüttert. Seither zieht er sich sehr zurück und sagt, er brauche Zeit für sich. Er will weder telefonieren noch schreiben oder mich zu einem Gespräch treffen. Mit seinen Freunden unternimmt er aber einiges. Auch wenn er mir immer wieder sagt, dass ich nicht der Grund sei, geht es mir ziemlich mies. Ich bin einfach nicht sicher, ob sein Verhalten nicht vielleicht doch etwas mit mir zu tun haben könnte. Kann ich ihm glauben, dass er einfach Zeit braucht, um sich zu finden? Ich mag ihn wirklich sehr und möchte ihn nicht verlieren.
Antwort von Doktor Sex
Liebe Simona
Du zweifelst an dir, obschon dein Freund dir versichert, dass es nichts mit dir zu tun hat. Damit machst du dir das Leben zur Qual. Einen Todesfall und eine nicht bestandene Prüfung gleichzeitig verdauen zu müssen, ist eine große Herausforderung. Mit großer Wahrscheinlichkeit bringt sie deinen Freund an die Grenzen seiner Möglichkeiten und dessen, was er an Ressourcen und Kompetenzen im Umgang mit nicht planbaren Lebenssituationen zur Verfügung hat. Wohl auch aus diesem Grund versucht er, Stress zu reduzieren, indem er sich von dir zurückzieht. Trotzdem solltest du das nicht persönlich nehmen.
Du hast natürlich Recht, wenn du einwendest, dass er mit seinen Freunden auch etwas unternimmt. Jedoch ist es bedeutend einfacher, mit seinen Kumpels um die Häuser zu ziehen, als mit der Partnerin Nähe zu teilen, die Paarbeziehung zu pflegen und Rollenerwartungen zu befriedigen. Beim Bier mit den Kollegen kann Mann unverbindlich bleiben, sich ablenken und muss seine Gefühle nicht offen zeigen. Und genau solche Momente sind es, die in Situationen mit einer hohen emotionalen Belastung Entspannung und Erleichterung verschaffen.
Vielleicht kommt er sich aber auch einfach selbst in die Quere, mit seinen Vorstellungen darüber, was du von ihm erwartest. Weil er glaubt, sich als Partner in der aktuellen Situation dir gegenüber auf eine bestimmte Art verhalten zu müssen, gleichzeitig aber spürt, dass er im Moment nicht in der Lage ist, eine solche Form von "Normalität " aufrechtzuerhalten. Es könnte aber auch sein, dass du ihn mit deinem Beziehungskonzept tatsächlich einengst. Beispielsweise, weil du überzeugt bist davon, dass du in diesem schwierigen Moment die einzige bist, die ihn versteht und deshalb von ihm erwartest, dass er dir fortlaufend sein Herz ausschüttet und bei dir Geborgenheit und Trost sucht.
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Letztlich sind das alles Vermutungen. Was genau die Beweggründe sind – wahrscheinlich spielen mehrere Faktoren eine Rolle – weiß nur dein Freund. Lass ihm noch ein bisschen Zeit, um wieder Boden unter die Füsse zu kriegen. Danach darfst du aber sehr wohl darauf bestehen, dass er wieder in die Auseinandersetzung mit dir eintritt und dir seine Beweggründe für sein Verhalten mitteilt. (wer)