Österreich

"Helft ihr nicht, lasst sie sterben!"

Heute Redaktion
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Ein 37-jähriger Familienvater, der am 8. Dezember 2011 seine Ehefrau vor den Augen seiner beiden jüngsten Kinder erstochen hatte, ist am Dienstag im Wiener Straflandesgericht wegen Mordes zu 20 Jahren Haft verurteilt worden.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der 37-Jährige akzeptierte die Strafe, die Staatsanwältin legte jedoch Berufung ein. Sie fordert lebenslang.

Motiv der Bluttat: Eifersucht. Der gebürtige Türke war überzeugt, dass sich die 29-Jährige einen Liebhaber zugelegt hatte, nachdem er infolge einer gerichtlichen Verurteilung wegen Schlepperei 2008 das Land verlassen hatte müssen. Die Hinterbliebenen - das Paar hatte insgesamt vier gemeinsame Kinder - bekamen vom Schwurgericht (Vorsitz: Martina Krainz) 25.000 Euro Schmerzensgeld zugesprochen.

"Ich bin schuldig, aber ich habe sie nicht ermordet", gab der 37-Jährige in seinem Mordprozess zu Protokoll. Er habe seine Frau geliebt, aber bereits am ersten Tag in Wien sei ihm aufgefallen, dass sie ständig anonyme Anrufe auf ihr Mobiltelefon bekam. Wann immer er abhob, wurde aufgelegt. Über seinen Verdacht in Richtung einer außerehelichen Affäre habe er "nicht reden können". Er habe "nicht vorgehabt, ihr wehzutun", sei aber "enttäuscht" gewesen: "Angefressen war ich auch."

Mord vor den Augen der Kinder

Ohne die Frau je mit diesem Verdacht konfrontiert zu haben, erhob er sich wortlos vom Essen, holte aus der Küche ein Messer, trat von hinten an seine Frau heran und stach ihr vor den Augen seines jüngsten Sohns und seiner jüngsten Tochter die Klinge fünfmal in Rücken und Brust. Ein Stich traf das Herz. Die 29-Jährige erlag noch am selben Abend nach einer Notoperation im Lorenz-Böhler-Spital den Folgen ihrer Verletzungen.

Dass er ein Messer geholt und hingestochen habe, wisse er nicht mehr, sagte der Angeklagte. Nach Darstellung der Augenzeugen hatte er seine Frau von hinten an den Haaren gepackt, ihren Kopf zurückgezogen und "Du wirst sterben!" gerufen, ehe er zustach.

Danach rief er seinem Neffen und dessen Frau zu, sie sollten nicht die Rettung rufen: "Helft ihr nicht, lasst sie sterben", rief der Angeklagte. Daran kann sich Sinan M. aber ebenso wenig erinnern, wie an vier Stiche in den Bauch und den tödlichen in den Rücken.

30 Minuten später stellte er sich freiwillig der Polizei, in dem er die nächst gelegene Wachstube aufsuchte und dort bekannte, er sei "der mit dem Messer".

Emotionale Verhandlung

Die Mordverhandlung ging in emotional aufgeladener Atmosphäre über die Bühne. Die Mutter der Getöteten, die mit zwei Söhnen im Publikum saß, unterbrach mehrmals die Verhandlung, indem sie dem Angeklagten auf Türkisch Bemerkungen an den Kopf warf. Die Frau musste mehrmals ermahnt werden, sich ruhig zu verhalten. Auch weitere Verwandte und Bekannte waren anwesend.