Österreich

"Heute" besuchte geheimen Regierungsbunker

Heute Redaktion
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8. Stockwerk, 10.000 Quadratmeter Nutzfläche, Sicherheitsstufe Alpha! Der FLAK-Turm in der Stiftskaserne in Wien-Neubau ist so etwas wie das Allerheiligste des Bundesheeres. Heute blickte hinter die 3,5 Meter dicken Stahlbetonwände.

8. Stockwerk, 10.000 Quadratmeter Nutzfläche, Sicherheitsstufe Alpha! Der FLAK-Turm in der Stiftskaserne in Wien-Neubau ist so etwas wie das Allerheiligste des Bundesheeres. „Heute“ blickte hinter die 3,5 Meter dicken Stahlbetonwände.

Mitten in Wien-Neubau, am Gelände der Stiftskaserne, liegt das Allerheiligste des Bundesheeres: der Regierungsbunker. Hier - hinter 3,5 Meter dicken Stahlbetonwänden - laufen alle für die Sicherheit des Landes wichtigen Informationen zusammen, werden hochsensible Militärdaten gespeichert. Und: Im Krisenfall kann Österreich von hier aus regiert werden. "Heute" begleitete Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) beim Besuch der Einrichtung.

„Willkommen im Bergwerk“, begrüßt Brigadier Reinhard Ruckenstuhl, Leiter des „Lagezentrums“, die handverlesenen Journalisten, die - ausnahmsweise - einen Blick in die nüchterne "Objekt 6" genannte Top-Secret-Einrichtung werfen dürfen. Und der Offizier beliebte mit seiner Begrüßung nicht zu scherzen, denn: Obwohl sich der Bunker in einem ehemaligen FLAK-Geschützturm befindet, handelt es sich rechtlich gesehen wirklich um ein Bergwerk.

Nachdem wir durch die vier Sicherheitsschleusen mit Fingerabdruck-Scannern und Code-Feldern durch sind, geht's über eine enge Rundtreppe zuerst in das nüchtern eingerichtete Lagezentrum. Hier würden die wichtigsten Mitglieder der Stadt- und Bundesregierung, ihre handverlesenen Mitarbeiter sowie hohe Militärs und natürlich der Bundespräsident im Krisenfall beratschlagen.

In den Stockwerken darüber liegen die Küche, eine Krankenstation sowie Schlafräume (ein paar Einzelzimmer mit einem schmalen Bett, einem Holzsessel und einem kleinen Kasten und Viermann-Zimmer mit Stockbetten) sowie Nasszellen mit WCs, Duschen und Waschbecken. 250 Menschen könnten hier mehrere Tage völlig autark leben. Luxuriös ist jedenfalls anders. Auch ein kleines TV-Studio im ZiB-Style findet sich in dem Bunker, um die Bevölkerung im Katastrophenfall über die Lage zu informieren. Man kann nur hoffen, dass nie ein Moderator von hier aus on air gehen muss.

Nach einer etwas beklemmenden Fahrt im Lastenaufzug geht's weiter in die Betriebsüberwachungszentrale (Plastikpflanzen und Ionisierungs-Apparate sollen für eine angenehme Atmosphäre sorgen), in der alle für die Sicherheit Österreichs wichtigen Meldungen zusammenlaufen. Dagegen ist so manches Großraumbüro richtig gemütlich! Sechs Militärs tun tagsüber abwechselnd hier und im zweiten Regierungsbunker in St. Johann im Pongau (Salzburg) Dienst. In der Nacht halten zwei Soldaten die Stellung - bewacht von Plüschmaskottchen und bürotypischen Spaß-Postern.

Fenster gibt’s nicht, dafür ist die gesamte Anlage gasdicht und auch im Sommer angenehm kühl. Wer Frischluft, Tageslicht und eine spektakuläre Aussicht über die Stadt will, muss über eine Art Hendlleiter die „Dachterrasse“ erklimmen. Weniger luftig geht's dagegen im Keller zu, wo sensible militärische Daten gespeichert und verarbeitet werden. Alle sechs Stunden werden die Infos aus dem Hauptkommando in der Rossauer Kaserne in Wien-Alsergrund hierher gespiegelt. Streng gehütet werden sie von der IKT-Abteilung (Informations- und Kommunikationstechnologie), in der die 600 für "Cyber Defence" zuständigen Frauen und Männer des Bundesheeres zusammengefasst sind.

Apropos "Cyber Defence": An die 500.000 Angriffe - von Spaß-Hacks bis zu ernsthaften Attacken durch Profis mit militärischem Hintergrund - verzeichnet die Abteilung pro Woche! Ihre Aufgabe ist es, die Ereignisse, die nicht automatisiert abgewendet werden können, zu erfassen und Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Und die Angriffe werden mehr, daher werden derzeit verstärkt Cybersoldaten gesucht und ausgebildet. Dafür gibt es Kooperationen mit FHs und EDV-HTLs, von wo Absolventen gezielt für die Kriegsführung 2.0 angeworben werden sollen.

Nachdem ich meinen Dienst am Vaterland bereits vor Jahren erledigt habe und außerdem EDV-mäßig nicht die größte Leuchte bin, darf ich den Bunker nach der rund 90-minütigen Führung wieder verlassen. Als mich die Sonne in der Nase kitzelt und mir eine laue Sommerbrise durchs schüttere Haar fährt, bin ich darüber auch gar nicht böse...