Österreich

"Hubschrauberjagd auf Kinder": Geschwister aufgetaucht

Heute Redaktion
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Bild: Facebook/Barbara Ruess

Als am Donnerstag eine irakische Flüchtlingsfamilie aus Kumberg in der Steiermark zur Abschiebung hätte abgeholt werden sollen, fürchteten sich die Kinder der Familie dermaßen, dass sie davonliefen. Mit Hubschraubern wurden die Kinder "gejagt". Die Kumberger stehen hinter der Familie, organisierten ein Lichtermeer und verlangen von Minister Kurz per offenem Brief eine Erklärung.

Weil am Donnerstag eine irakische Flüchtlingsfamilie aus Kumberg in der Steiermark zur Abschiebung hätte abgeholt werden sollen, flüchteten die Kinder der Familie. Mit Hubschraubern wurden die Kids "gejagt". Die Kumberger stehen hinter der Familie, organisierten ein Lichtermeer und verlangen von Minister Kurz per offenem Brief eine Erklärung. 

In der Zwischenzeit hat sich die 3.800-Einwohner-Gemeinde Kumberg organisiert. Noch am Abend fand am Marktplatz ein Lichtermeer statt. Zwischen 300 und 500 Einheimische demonstrierten für den Verbleib der Familie. 

Ein offener Brief an den "ehemaligen Integrationsminister" Kurz, dass er nach Kumberg kommt: "Gehen Sie in die Volksschule und erklären Sie den Kindern, was hier passiert ist. Erklären Sie 'den Buchstaben des Gesetzes', erklären Sie, dass das Gesetz nicht menschlich ist." Der Minister wird gefragt: "Haben Sie das gemeint, wenn Sie über gelebte Integration gesprochen haben?" Die betroffene Flüchtlingsfamilie lerne Deutsch und sei ein "Musterbeispiel an Integration", so die Verfasserin des offenen Briefs (siehe Seite 2). 

Eine "Hubschrauberjagd auf Kinder" wirft die Steirische Landtagsabgeordnete Sabine Jungwirth der Polizei vor, nachdem am Donnerstag von der Luft aus nach den Geschwistern gesucht wurde. Als am Donnerstagmorgen die Polizei vor der Haustür der Familie aus dem Irak stand, war es der Bub, der Drittklässler, der ihnen die Türe öffnete. Er hatte auf einen Freund gewartet, der mit ihm in die Volksschule gegangen war.

Als das Kind den Polizisten gegenüberstand, wurden offenbar böse Erinnerungen an die Vergangenheit wach. Das panische Kind schnappte seine jüngere Schwester und kletterte aus dem Schlafzimmerfenster. 

Die Kinder dürften in Sicherheit sein. Ihr Vater erzählte der "Kleinen Zeitung" noch in der Nacht, dass es ihnen gut ginge. Wo sie seien, wisse er allerdings nicht. 

Mehr Infos zum Lichtermeer gibt's auf der Facebook-Page ""

Den ganzen Wortlaut des offenen Briefes gibt's auf der nächsten Seite

Offener Brief an die Bundesregierung, insbesondere an den ehemaligen Integrationsminister Kurz

 

Sehr geehrte Damen und Herren der Bundesregierung!

 

Unter Bezugnahme auf die heutigen Ereignisse in Kumberg bitte ich Sie um Stellungnahme.

Kurz zur Vorgeschichte: Kumberg, eine Gemeinde in Graz-Umgebung, ca. 3.800 Einwohner, hat zwei Flüchtlingsfamilien aufgenommen. Die Gemeinde hat sich engagiert, die Caritas hat geholfen, ein privater Verein zur Flüchtlingsunterstützung wurde gegründet. Die Eltern und die Kinder lernen deutsch, die Kinder gehen in die Volksschule, trainieren im Fußballverein, spielen Beachvolleyball, es findet ein reger Austausch zwischen den Familien statt, die Gastfamilien nehmen an verschiedenen Veranstaltungen im Dorf teil, man bekocht einander usw. usw. Ein Musterbeispiel an Integration!

Heute sollte eine Familie "planmäßig" (was ist das für ein Plan?) abgeschoben werden, die Polizei steht vor der Tür, zwei Kinder bekommen Angst, laufen weg, verstecken sich. Hubschraubereinsatz, Polizeieinsatz (natürlich nur zum Wohle der Kinder…).

Lesen Sie die postings [sic!] auf facebook [sic!]: Familien sind erschüttert, haben Erklärungsprobleme ihren Kindern gegenüber. Ratlosigkeit in der Volksschule, Unverständnis in den Sportvereinen (U 10 !)

Sehr geehrte Damen und Herren unserer Regierung, sehr geehrter Herr Minister Kurz, haben Sie das gemeint, als Sie alle aufgerufen haben, zu helfen? Haben Sie das gemeint, wenn Sie über gelebte Integration gesprochen haben? Gibt es nicht Flüchtlinge/ Menschen, denen dringend geholfen werden muss, anstatt in einen gut funktionierenden Integrationsprozess einzugreifen?

In Amsterdam stehen wir als Touristen zutiefst betroffen im Museum um zu sehen, wie sich ein Mädchen vor den Schergen versteckt. Und was machen wir hier bei uns, zu Hause?

Ich fordere Sie auf, kommen Sie nach Kumberg. Gehen Sie in die Volksschule und erklären Sie den Kindern, was hier passiert ist. Erklären Sie "den Buchstaben des Gesetzes", erklären Sie, dass das Gesetz nicht menschlich ist.

Diese Familien haben Schreckliches erlebt, wir wollten ihnen die Angst nehmen, ihnen zeigen, dass es hilfsbereite Menschen gibt. Jetzt beginnt der Schrecken von vorne.

Ich bitte Sie dringend, helfen Sie. Ansonsten verlieren Sie Ihre Glaubwürdigkeit und beweisen, dass Ihre Politik nur aus leeren Worten besteht.

Barbara van Zutphen