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"Ich bleibe nur noch wegen der Kinder!"

Heute Redaktion
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Bild: iStock

Fabian liebt seine Frau nicht mehr. Aber scheiden lassen will er sich erst, wenn die Kinder groß sind. Bis dahin möchte er den perfekten Ehemann spielen. Kann das gut gehen?

Frage von Fabian (30) an Doktor Sex:Ich bin seit vier Jahren verheiratet und schon fast ein Jahrzehnt mit meiner Frau zusammen. Wir haben zwei Kinder. Seit etwa zwei Jahren bin ich sehr unglücklich, weil die Gefühle für meine Frau nicht mehr da sind. In Sachen Sex ist tote Hose, auch wenn ich immer wieder vorgebe, Lust auf sie zu haben. Der einzige Grund den perfekten Ehemann zu spielen sind meine Kinder. Ich will sie nicht im Stich lassen. Erst wenn sie eigenständig sind, werde ich mich scheiden lassen. Noch habe ich als Vater eine zu große Verantwortung und kann nicht auf meine Bedürfnisse achten. Wie schaffe ich es, meine Gefühle für die kommenden zehn Jahre abzustellen?

Antwort von Doktor Sex

Lieber Fabian

Du glaubst etwas Gutes zu tun, indem du deine Gefühle zu unterdrücken versuchst, um so für deine Kinder bis zu ihrer Selbständigkeit da sein zu können. Ich denke, du irrst dich. Ohne dir zu nahetreten zu wollen: Auch wenn du es, wie du schreibst, gut meinst, ist das, was du vorhast, in meinen Augen erstens ein großer Betrug an dir, deiner Frau und deinen Kindern, zweitens überheblich und drittens feige. Oder wie kannst du glauben, du allein wüsstest, was für eure Gemeinschaft und die Menschen darin richtig ist, ohne dich mit ihnen darüber verständigt zu haben? Und woraus schließt du, dass die Trennung der Eltern für Kinder schlimmer ist als einen Vater zu haben, der zwar engagiert zu sein scheint, in Tat und Wahrheit aber ein gefühlloser Zombie ist, der den perfekten Ehemann und Vater spielt?

Offensichtlich ist, dass du stumm und isoliert leidest. Und ebenso offensichtlich ist, dass die einzige dir bekannte Strategie im Umgang mit Leiden die Flucht ist, was im vorliegenden Fall bedeuten würde, dich zu trennen. Weil du aber davon ausgehst, dass das in der aktuellen Situation nicht möglich ist, ohne gleichzeitig vor dir selber das Gesicht zu verlieren, hast du beschlossen, die Sache auszusitzen – um den Preis, dafür deine Gefühle abspalten zu müssen. Mit anderen Worten: Du erklärst dich aus der Not heraus bereit, emotional zu sterben. Wisse: Es gibt andere und menschlichere Möglichkeiten, mit einer solchen Situation umzugehen.

Alles, was lebt, ist Veränderungen unterworfen. Von diesem universellen Gesetz sind auch die Gefühle und das sexuelle Begehren in deiner Beziehung betroffen. Es gibt deshalb absolut keinen Grund, dir Sorgen zu machen über die Veränderungen, die du erlebst. Beunruhigend wäre höchstens, wenn seit dem Tag, an dem ihr vor neun Jahren eure Beziehung begonnen habt, alles gleich geblieben wäre. Dies würde nämlich bedeuten, dass eure Beziehung tot ist.

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Indem du deine Not hier ausgesprochen hast, ist der erste Schritt zur Veränderung bereits getan. Nun geht es darum, aus der Isolation herauszutreten und mit deiner Partnerin in die Auseinandersetzung einzusteigen.

Eine Möglichkeit ist, dies mit ihr alleine unter vier Augen in Gesprächen zu tun. Aufgrund deiner Not und der für mich spürbaren Hilflosigkeit scheint es mir aber sinnvoller zu sein, wenn ihr gemeinsam professionelle Hilfe in Anspruch nehmt und euch in eine Paartherapie begebt. Ein solches Setting ist zwar keine Garantie dafür, dass ihr zusammenbleiben werdet und alles wieder so wird wie früher. Jedoch werdet ihr ganz sicher lebbarere Lösungen finden als diejenige, die du für dich ins Auge gefasst hast. (wer)

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