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"Ich denke, er ist zu faul für Sex!"

Obwohl sich Claudine alle Mühe gibt, lässt sich ihr Freund nicht zu mehr Sex verführen. Muss sie sein Verhalten einfach akzeptieren?

Heute Redaktion
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Bild: iStock

Frage von Claudine (29) an Doktor Sex: Ich habe seit sieben Monaten einen neuen Freund. Wir passen gut zusammen, haben gemeinsame Interessen, denselben Humor und ich vertraue ihm. Beim Sex ist aber gar nichts in Ordnung. Ich stehe darauf und hätte am liebsten jeden Tag meinen Spaß. Er aber ist weder leidenschaftlich noch offen. Der Sex mit ihm ist immer genau gleich: Drei Stellungen ohne Vorspiel. Auf Blasen steht er nicht und mehr als zweimal die Woche ist ihm zu viel.

Ich habe wirklich versucht, mit ihm darüber zu sprechen. Aber er sagt ganz klar, dass er nicht mehr kann. Ich denke, er ist einfach zu faul für Sex und schiebt mir den schwarzen Peter zu. Zu einem Kompromiss ist er nicht bereit. Das bedeutet, entweder akzeptiere ich den wenigen und zudem auch noch lahmen Sex, oder ich trenne mich von ihm. Was tun, wenn beide so verschiedene Einstellungen und Bedürfnisse haben? Fremdgehen oder eine offene Beziehung ist für mich kein Thema. Ich bin treu – und erwarte dies auch von meinem Partner.

Antwort von Doktor Sex

Liebe Claudine

Die meisten Menschen haben den Anspruch, dass eine Liebesbeziehung drei zentrale Ansprüche erfüllt: Sie muss gleichzeitig und in gleichem Maß partnerschaftlich, leidenschaftlich und freundschaftlich sein. Dass dies unmöglich ist, wird den meisten früher oder später bewusst. Trotzdem halten sie stur am Prinzip "Alles mit einem für immer" fest. Und machen sich damit den Beziehungsalltag zur Hölle.

Auch du scheinst eine Anhängerin dieses Modells zu sein. Zumindest was den Sex anbelangt, musst du nun feststellen, dass es nicht funktioniert. Aber weil du dir dies nicht eingestehen willst, gibst du deinem Partner die Schuld für den unbefriedigenden Zustand. Indem du behauptest, er sei zu faul für Sex. Willkommen im Gruselkabinett der Beziehungen!

Ich bin mir nicht sicher, ob du tatsächlich an einer Lösung deines Problems interessiert bist. Oder ob es dir nicht vielmehr primär darum geht, schuldlos zu sein und dir so die Möglichkeit offenzuhalten, dich bald einmal mit "weißer Weste" und der Begründung, erfolglos alles versucht zu haben, davonzustehlen und anderswo dein Glück zu suchen. Die Tatsache, dass du zwar vorgibst, an einem Rat interessiert zu sein, dafür jedoch gleichzeitig so enge Rahmenbedingungen definierst, dass eigentlich gar keiner möglich ist, legt diesen Schluss für mich nahe.

Aus meiner Sicht hat eine Beziehung nur dann eine echte Chance, wenn die darin involvierten Menschen auch am Wohl des jeweils anderen interessiert und bereit sind, miteinander zu verhandeln. Unter dem Strich bedeutet dies, nicht einfach das eigene Beziehungskonzept realisieren zu wollen, sondern gemeinsam herauszufinden, welche Form von Beziehung zwischen den beiden beteiligten Menschen möglich ist.

Michael Mary hat diesen beziehungsorientierten Fokus in seinem Buch "Lebt die Liebe, die ihr habt" ausführlich beschrieben. Er schlägt vor, als Paar das schätzen zu lernen, was man miteinander hat, statt dauernd dem nachzurennen, was man sich wünscht – auch wenn dies mit dem Partner oder der Partnerin gar nicht möglich ist. Vielleicht magst du ja diesem Ansatz nachgehen und das Buch mit deinem Freund zusammen lesen. (wer)

(red)