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"Ich habe in seinem Leben eine Mutterrolle!"

Lindas Freund bringt allein nichts auf die Reihe. Gespräche haben nichts gebracht. Soll sie sich trennen?

Heute Redaktion
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Bild: iStock

Frage von Linda (24) an Doktor Sex: Seit sechs Jahren darf ich mein Leben mit einem sehr lieben Mann teilen. Wir hatten schöne und auch schlimme Zeiten. Nach zwei Jahren hat er mich zwei Monate lang betrogen. Er beteuerte aber, keinen Sex gehabt zu haben, da er an mich habe denken müssen und keinen hochgekriegt habe. Trotzdem wollte ich die Beziehung nicht aufgeben.

Von Anfang an spielte ich eine Mutterrolle, da er allein nichts auf die Reihe kriegt. Immer muss ich nachfragen, ob er die Dinge gemacht hat, und ihn umsorgen. Ich habe schon sehr oft gesagt, dass sich etwas ändern muss. Meist gelang ihm dies dann für zwei Wochen und dann fiel er wieder in den alten Trott. Ich weiß nicht mehr, was ich tun soll.

Ich bin nicht mehr glücklich und er bemüht sich einfach nicht genug. Nun habe ich ebenfalls jemanden kennengelernt und gemerkt, wie viele Gemeinsamkeiten ich mit diesem Mann teile. Wir finden uns auch beide sehr sympathisch. Die ganzen Gefühle verwirren mich sehr. Soll ich mich von meinem Freund trennen?

Antwort von Doktor Sex

Liebe Linda

Du schilderst die fünf Akte des weltlichen Beziehungsdramas: 1. Man verliebt sich. 2. Man wacht auf und stellt ernüchtert fest, wie es wirklich ist. 3. Es wird Kritik geäußert und es werden Veränderung gefordert. 4. Man erkennt, dass Letztere nur bedingt möglich sind und resigniert. 5. Ein anderer Mensch taucht auf und man glaubt, mit ihm wäre alles anders. Ab hier beginnt das Drama in neuer Zusammensetzung von vorne.

Auch ihr seid nach sechs Jahren beim letzten Akt angelangt. Da dir aber offenbar der Mut fehlt, das Ding durchzuziehen, schiebst du die Verantwortung für die Entscheidung ab. Vielleicht spürst du aber auch, dass es mit dem neuen Mann möglicherweise nicht ganz so einfach sein könnte, wie es sich im Moment gerade anfühlt.

Fakt ist: Die Antwort auf die Frage, ob es Zeit ist, das Handtuch zu werfen und aufzugeben, kannst du nicht von mir erwarten. Und auch die aufkeimenden Gefühlen für diesen anderen Mann sind meiner Meinung nach kein guter Ratgeber. Selber denken ist angesagt! Ich gebe dir dafür gern nachfolgend noch ein paar Überlegungen mit auf den Weg.

An einer Beziehung sind immer zwei Menschen beteiligt. Und beide haben jederzeit die Wahl, wie sie sich in einer bestimmten Situation verhalten oder zu einer Herausforderung positionieren wollen. Es hat dich also niemand gezwungen, eine "Mutterrolle" zu übernehmen. Finde heraus, was deine Motivation war, es trotzdem zu tun.

In diesem Zusammenhang dürfte es auch Sinn machen, dich vertieft mit deinem Konzept von Beziehung auseinanderzusetzen. Warum lässt du dich auf einen Mann ein, von dem du weißt, dass er "nichts auf die Reihe kriegt"? Und: Welchen Gewinn ziehst du daraus, deinen Freund bei der Bewältigung der alltäglichen Anforderungen zu unterstützen?

Manche Menschen ziehen einen Nutzen aus den Schwächen des Partners. Sie fühlen sich gut dabei, das Gegenüber aus seiner Hilflosigkeit zu befreien, denn so können sie sich selber und der Welt beweisen, wie empathisch und kompetent sie sind. Hinter solchen "Helferfassaden" verbergen sich aber oft selbstunsichere und abhängige Persönlichkeiten. Vielleicht gibt es in dir ja auch solche Tendenzen? Alles Gute!

Deine Frage an Doktor Sex: [email protected]

(wer)