Österreich

"Ich hatte noch nie solche schlimmen Schmerzen!"

Ein Steyrer Zahnarzt soll jahrelang seine Patienten betrogen und falsch behandelt haben. Jetzt schildert eine Patientin ihr schreckliches Martyrium.

Heute Redaktion
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Ein Zahnarzt aus Steyr ist weiterhin DAS Gesprächsthema im ganzen Land. Der Mediziner soll wie berichtet für Phantom-Behandlungen groß abkassiert haben. Zudem habe er seinen Patienten nie eingesetzte Implantate verrechnet oder Kunststoff- statt Keramikkronen verwendet.

Die Steyrer Staatsanwaltschaft wirft dem 42-Jährigen schweren gewerbsmäßigen Betrug, schwere Körperverletzung und auch sexuelle Belästigung vor. Es sollen bereits einige Anzeigen gegen den Beschuldigten vorliegen.

Vergangene Woche klickten für den Mediziner in seiner Ordination dann die Handschellen. Zur großen Überraschung von Staatsanwalt Andreas Pechatschek wurde über den Zahnarzt nicht die U-Haft verhängt. Er befindet sich derzeit wieder auf freiem Fuß.

Wegen Körperverletzung verklagt



Eine Patientin aus Aschach (Bez. Steyr-Land) hat den Mediziner wegen Körperverletzung verklagt. Der Grund: Er hatte ihr ein Implantat verrechnet, das später in der Kieferchirurgie der Linzer Uniklinik gar nicht gefunden wurde.

Jetzt spricht Patientin Renate N. erstmals, schilderte im ORF beim "Bürgeranwalt" ihr schreckliches Martyrium.

Begonnen hat laut ihren Aussagen alles kurz vor Weihnachten 2017. Mit akuten Zahnschmerzen kam sie in die Praxis des besagten Arztes. "Er hatte an diesem Tag Notdienst. Der Arzt meinte sofort, der Zahn sei nicht mehr zu retten und müsse gerissen werden", schildert die Mutter zweier Kinder im ORF-Interview.

Der Zahnarzt riet ihr zu einem Sofortimplantat. Nach der erfolgten Operation stellte der Mediziner der Patientin auch die Kosten (1.200 Euro) für einen sogenannten "Sinuslift" in Rechnung. Dabei handelt es sich um ein OP-Verfahren zum Knochenaufbau im Oberkiefer. Dies wird notwendig, wenn zu wenig Knochen für den stabilen Halt für ein Implantat vorhanden ist.

Insgesamt musste die Patientin 2.050 Euro überweisen.

"Er hat mich zuvor über die etwaigen Mehrkosten informiert. Daher war es für mich auch kein Problem", schildert das Opfer.

Zwei Tage nach dem Eingriff begannen allerdings die Schmerzen. Die Patientin habe dem Mediziner davon erzählt. Dieser habe ihr aber nur Antibiotika verschrieben und sie wieder nach Hause geschickt.

Opfer rief weinend in der Ordination an



Das Martyrium wurde jedoch immer schlimmer. Laut ihrem Ehemann sei sie in den folgenden Tagen nur noch gelegen, habe Schmerzmittel geschluckt und den Kopf kaum noch bewegen können. Renate N. :"Ich habe weinend in der Ordination angerufen. In der Praxis erfolgte ein weiterer Eingriff und ich bekam erneut Antibiotika." Der Arzt habe den Vorfall nur herunter gespielt.

Für seine Patientin ging es jedoch wenige Tage danach ins Spital. "Als mich eine meiner Töchter am Kopf berührte, wurde mir plötzlich schwarz vor Augen. Mein Mann brachte mich ins Krankenhaus."

Dort wurde sie gleich stationär aufgenommen, bekam drei Infusionen. Fazit: Ein Sinuslift wurde der zweifachen Mutter laut Ärzten nie eingesetzt. Zudem war ein Knochen entzündet und das Implantat musste entfernt werden.

Und auch heute hat die Oberösterreicherin noch immer unter den Folgen zu leiden. So muss beispielsweise das Wasser beim Zähne putzen eine bestimmte Temperatur haben, um Schmerzen vorzubeugen. Im linken Oberkiefer hat sie eine Lücke. Lippe und Wange fühlen sich immer noch etwas "bamstig" an. Sie klagt: "Es war die schwierigste Zeit in meinem Leben. Ich hatte noch nie solche schlimmen Schmerzen."

Opfer-Anwalt: "Meine Mandantin wurde im Stich gelassen."



Beim Bürgeranwalt war die Patientin mit ihrem Steyrer Anwalt Hubert Niedermayr. Dieser meint: "Meine Mandantin wurde im Stich gelassen. Sie hatte eine Blutvergiftung und wurde damit einfach nach Hause geschickt."

Aus Sicht des beschuldigten Zahnarztes sei eine mediale Hetzjagd im Gange. Diese habe bereits existenzbedrohende Züge angenommen, ließ er über seinen Anwalt ausrichten. Zudem meinte er noch, es liege im Fall der 34-jährigen Patientin keine nicht fachgerechte Behandlung vor. Er habe sie über alle Schritte schriftlich aufgeklärt.

Laut Zahnärztekammer trete kommende Woche ein vorläufiges Berufsverbot in Kraft.

Renate N. hat über ihren Anwalt Strafanzeige gestellt, fordert nun Schmerzensgeld. Laut Niedermayr werde schon in 30 Fällen gegen den Mediziner ermittelt.

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