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"Ich koche vor Wut über sein Verhalten!"

Seit elf Jahren fühlt sich Rosa bloß als wertloses Anhängsel ihres Ehemanns. Soll sie aufhören, sich um ihn zu bemühen?

Heute Redaktion
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Young couple quarreling because of disagreements - outdoors
Young couple quarreling because of disagreements - outdoors
Bild: iStock

Frage von Rosa (40) an Doktor Sex: Ich bin seit elf Jahren verheiratet. Von Anfang an war klar, dass wir total verschieden sind. Er ist Schweizer, intellektuell, ehrgeizig und erfolgsorientiert. Ich bin Latina, habe zwar auch studiert, bin aber emotional und brauche eine enge Partnerschaft in einem warmen Zuhause. Was Kinder, Gesundheit und Arbeit angeht, ist alles okay. Aber unsere Beziehung ist kaputt. Und auch ich bin am Ende.

Jahrelang habe ich versucht, ihm zu genügen. Aber ich war ihm immer zu dumm, zu dick, zu lateinisch, zu kindisch und zu uninteressant. Er hat mich nie gebraucht. Sein Leben besteht aus Arbeit, Fußball, Büchern und Pornos. Aus seiner Sicht will ich zu viel und sollte glücklich sein, überhaupt hier sein zu dürfen. Aber für die Erziehung, den Haushalt oder um seinen Lunch zu machen sowie als Sekretärin bin ich gut genug.

Ich war all die Jahre etwas, was man halt so hat: eine Ehefrau. Fragte ich ihn, wo sein Problem liegt, sagte er immer, ich sei depressiv und unzufrieden. Er habe alles für mich und die Familie getan. Aber ich wollte gar nie reich sein, sondern nur ihn und eine nette Familie haben. Ich koche vor Wut! Wieso bin ich so wertlos in seinen Augen? Will ich wirklich zu viel? Soll ich aufhören, mich zu bemühen?

Antwort von Doktor Sex

Liebe Rosa

Du bist nicht wertlos – weder für deinen Mann noch sonst. Jedoch wendet er einen anderen Maßstab an, wenn es darum geht, seine Lebens- und Beziehungsqualität zu beurteilen. Und dies tut er nicht erst seit gestern. Dass grundsätzliche Differenzen bestehen, war euch ja offenbar von Anfang an klar. Trotzdem habt ihr beide zu wenig Sorge getragen, als es darum ging, aus eurer Begegnung eine partnerschaftliche Beziehung zu formen.

Ich vermute daher, dass du auch ein wenig wütend bist über dich selber – weil du nach elf Jahren merkst, dass du nicht einfach nur das Opfer von Umständen bist, sondern zuerst dir und danach deinem Mann zu wenig bewusst gemacht hast, was du vom Leben und einer Beziehung erwartest. Wie die meisten Paare habt ihr eure Beziehung wohl vor allem auf flüchtige Gefühle, eine Portion Egoismus und viel Hoffnung aufgebaut.

Was du gerade erlebst, beinhaltet eine Chance, zu wachsen – auch wenn du das im Moment vielleicht nicht so sehen kannst. Sie zu nutzen, bedingt jedoch, deinen Fokus von deinem Mann wegzunehmen und dich mehr dir selber zuzuwenden. Stelle alle Bemühungen ein, bei denen du spürst, dass du sie eigentlich nur für dich beziehungsweise zur Erfüllung deiner Idee einer "guten" Beziehung erbringst, und beschränke dich auf die notwendigen Verrichtungen.

Dies ermöglicht dir, in Ruhe herauszufinden, ob und wo du zu viel willst. Da, wo dein Mann nicht auf die Reduktion deines Angebots reagiert, kannst du davon ausgehen, dass er nicht daran interessiert ist – und es wohl auch nie war. Klar darfst du den minimalalstandard danach auch wieder erweitern. Jedoch weißt du dann, dass du es allein für dich tust und jegliche Erwartungen an deinen Mann, dies zu würdigen, fehl am Platz sind.

Und damit landen wir im Zentrum eures Problems: Bei der beidseitigen und weitgehenden Beeinträchtigung der Fähigkeit, euch einander mit offenem Herzen und Verständnis zuzuwenden. Ihr funktioniert nur im Kampfmodus und seid einzig darauf bedacht, euch gegenseitig Fehler und Versäumnisse vorzuwerfen. Vielleicht solltet ihr euch daher auch mal mit der Möglichkeit auseinandersetzen, diese Beziehung zu beenden. Alles Gute!

Deine Frage an Doktor Sex: [email protected]

(wer)