Österreich

"Ich liebe Klassik, mein Dirndl und Marillenknödel"

Heute Redaktion
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Lamya Al-Moghrabi (33) floh vor den Bomben in Syrien, heute lebt Muslima, die zum Kopftuch Dirndl trägt, in Wien. Die Zukunftspläne der jungen Frau: Sie will für die Caritas arbeiten.

Zusammengepfercht mit 50 weiteren Flüchtlingen in einem Schlauchboot, darunter Frauen und Babys, überlebte Lamya (33) aus Syrien die Fahrt übers Mittelmeer. In ihrer Heimat Damaskus zu bleiben, war für die staatenlose Palästinenserin, sie trat die Flucht mutterseelenalleine an, keine Option: „Die Zustände in Syrien sind fürchterlich, ich musste fliehen".

Für ein Leben in Sicherheit, riskierte Lamya den Tod: Seit 2014 sind im Mittelmeer mehr als 12.000 Menschen ertrunken. Wahrhaben will Lamya das hohe Risiko, welches sie auf der vierstündigen Überfahrt auf offener See einging, nicht: „Ich kann gut schwimmen. Auch wenn das Boot gekentert wäre, wäre ich nicht ertrunken."

Angekommen auf Kios (Griechenland) flüchtete Lamya weiter nach Wien, strandete am Westbahnhof. Dort dann die große Ernüchterung: „Ich wusste nicht weiter, dachte mir nur was soll ich jetzt hier?"

Seit August 2016 lebt Lamya, die in der Heimat als Sekretärin und Buchhalterin arbeitete, privat bei einer Familie in der Leopoldstadt – samt Hund und Katzen. Harmonisch geht es aber trotz liebevollem Umgang nicht immer zu: „Wir diskutieren oft über Lamyas Kopftuch. Ich respektiere ihre Traditionen, ihr Kopftuch, aber ich mag es nicht", so Gastgeberin Miriam.

Detto beim Thema Essen: „Ich koche nicht Halal, Lamya muss sich schon nach uns richten", erzählt Miriam und erinnert sich an eine besondere Anekdote: „Einmal kochte ein Profikoch bei uns zu Hause Leber, wollte diese mit Cognac (für Muslime verboten) aufgießen. Dem Plan kam aber Lamyas Aufschrei zuvor: „Das ist nicht Halal, das geht nicht!". Ein Kompromiss wurde schnell gefunden, die Leber nur zur Hälfte mit Alkohol flambiert.

In Wien hat sich die junge Frau mittlerweile nicht nur kulinarisch voll eingelebt: „Ich liebe Marillenknödel, klassische Musik und mein Dirndl", so Lamya.

Keine Anfeindungen trotz Kopftuch

Ihre Kopfbedeckung trägt die Muslima, die derzeit einen Deutschkurs besucht und einen positiven Asylbescheid für 12 Monate erhalten hat, freiwillig, sie betet mehrmals täglich und hält Ramadan – „weil Gott es so vorgegeben hat".

Angefeindet wird sie in Wien wegen ihres Kopftuchs nicht. Vielleicht auch, weil sie sich entschieden hat, dazu Dirndl zu tragen. „Die Österreicher sind freundlich zu mir, ich habe mit ihnen keine Probleme." Um sich zu integrieren, arbeitet die aus Syrien geflüchtete hart, um die neue Sprache zu erlernen: Sie besucht täglich einen Deutschkurs. Ergebnis: Lamya spricht bereits sehr gut Deutsch.

Zum Abschluss des Interviews lächelt Lamya in die Kamera, zupft sich das Dirndl zurecht und verrät schnell noch ihre Zukunftspläne: „Ich würde gerne in Wien bei der Caritas als Pflegerin arbeiten".

(isa)