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"Ich liebe meine Frau, aber Sex habe ich im Bordell"

Heute Redaktion
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Symbolfoto
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Bild: imago stock & people

Mike ist seit sechs Jahren glücklich verheiratet. Er liebt seine Frau, sexuell begehrt er sie aber kaum noch. Dafür fühlt er sich magnetisch von jungen Frauen angezogen.

Frage von Mike (38) an Doktor Sex: Ich bin seit sechs Jahren verheiratet. Wir haben keine Probleme in unserer Ehe und ich liebe meine Frau auch, aber sexuell spüre ich kein Begehren mehr für sie. Gleichzeitig fühle ich mich zunehmend geradezu magnetisch von jungen Frauen angezogen. Um meine Lust zu befriedigen, gehe ich daher immer wieder ins Bordell. Aber langsam macht sich Ratlosigkeit in mir breit und ich spüre, dass es auf Dauer so nicht weitergehen kann. Was soll ich tun?

Antwort von Doktor Sex



Lieber Mike

Du scheinst deine Lust auf junge Frauen und deine Bordellbesuche auf das entschwundene sexuelle Begehren für deine Partnerin zurückzuführen. Und gleichzeitig versuchst du, dich damit zu «entschuldigen». Auf den ersten Blick scheint die Gleichung «langjährige Ehe = schwindende Lust = aussereheliche Kompensation unbefriedigter Bedürfnisse» logisch und darum naheliegend zu sein. Und auch der unterschwellig mitgelieferte Rechtfertigungsversuch ist irgendwie verständlich, zumal sich viele Männer und auch einige Frauen auf diese Ursache-Wirkungs-Formel berufen. Aber eben: nur auf den ersten Blick.

Ich werde den Eindruck nicht los, dass es sich bei dem von dir geschilderten Mangel an sexueller Lust auf deine Frau eben nur um ein Symptom handelt, dessen Ursache nicht so sehr mit ihr als vielmehr mit dir zu tun hat – und insbesondere mit einem anstehenden Entwicklungsschritt: Ich denke, du solltest dich der Tatsache stellen, dass du nicht mehr zwanzig bist, und lernen, mit den daraus entstehenden Konsequenzen angemessen umzugehen, statt ins Bordell zu flüchten und dir dort von jungen Sexworkerinnen das Gefühl geben zu lassen, du würdest außerhalb der Zeit stehen und ewig jung bleiben.

Damit wir uns richtig verstehen: Mir geht es nicht um Moral. Ob du deine Lust im Bordell befriedigen willst, ist letztlich deine Entscheidung. Jedoch ist es mir ein Anliegen, dir aufzuzeigen, dass du dich möglicherweise selber belügst und so dein Problem herbeiführst und am Leben erhältst.

Ich denke, als Erstes ist es wichtig, mit dir selber ehrlich zu sein und dir ganz unverhohlen einzugestehen, dass du ein Doppelleben führst. Da jeder Mensch blinde Flecken hat und sich diese gerade im Umgang mit dunklen und verdrängten Seiten besonders zeigen, rate ich dir, dich für diesen Prozess in eine Therapie zu begeben. Ich schätze, dass du dir eine Therapie locker leisten kannst, wenn du nur noch halb so oft ins Bordell gehst wie bis anhin. Für das eingesparte Geld wirst du erstens eine tolle therapeutische Begleitung kriegen und kannst dadurch zweitens dein Bewusstsein über dich und die Motivationen für dein Handeln erweitern. Beides führt mit Sicherheit zu einem insgesamt besseren Lebensgefühl. In einem weiteren Schritt wird es dann darum gehen, deine Frau einzubeziehen und eure Beziehung unter die Lupe zu nehmen – idealerweise in einem gemeinsamen, von einer Fachperson begleiteten Prozess. Dabei wirst du wahrscheinlich nicht umhinkommen, dein fehlendes Begehren für sie sowie deine Bordellbesuche zu thematisieren.

Natürlich kannst du auch versuchen, das Ganze ohne fachliche Unterstützung allein oder mithilfe deiner Frau zu bewältigen. Und selbstverständlich steht dir auch der Weg offen, deine, wie du erwähnst, gute Beziehung zu opfern und dich zu trennen. Du hast die Wahl. Bedenke: Schneller Sex lässt sich leicht finden. Einem Menschen, auf den man sich verlassen kann und der bereit ist, mit einem durch dick und dünn zu gehen, begegnet man hingegen nicht an jeder Straßenecke. Viel Glück! (wer)

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