Österreich

"Ich muss das filmen, dachte ich"

Heute Redaktion
Teilen
Picture

Die Lawine im Dorf Martell in Südtirol war für Christian Gurschler beängstigend. Er filmte die Schneemassen – sein Video wurde 1,8 Millionen Mal angeschaut.

Christian Gurschler aus Martell in Südtirol hat letzten Sonntag hautnah miterlebt, wie sich eine Schneelawine durch sein Dorf pflügte. Der Betreiber eines Gasthofs filmte das Ganze von einem Balkon aus und postete das Video auf Facebook. Es ging sofort viral und wurde von Medien rund um den Globus gezeigt.

Herr Gurschler, was war das für ein Gefühl, als die Lawine an Ihnen vorbeizog?

Obwohl wir wussten, dass eine Lawine runterkommen würde und die Gemeinde gut vorbereitet war, war es beängstigend. Ich habe nicht damit gerechnet, dass sie bis ins Dorf hineinziehen würde. Auch fürchteten wir, dass eine zweite nachziehen könnte. Deshalb wurden wir gleich darauf zügig evakuiert.

Was machte Ihnen Angst?

Ein Nachbar, der weiter oben wohnt, alarmierte uns, als er die Lawine sah. Wir sollten die anderen Dorfbewohner warnen. Da wurde mir klar, dass die Lawine nicht klein sein konnte. Als sie dann bei uns einzog, setzte gleich auch die Angst vor dieser kräftigen Naturgewalt ein. Doch kaum stand die Lawine, gingen wir zusammen mit anderen Nachbarn nach draußen und klärten, ob noch jemand vermisst wurde. Wir waren bereit, mit bloßen Händen im Schnee zu wühlen. Bald war klar, dass niemand vermisst wurde und alles gut gegangen war.

Ihre erste Reaktion war das Filmen des Ereignisses. Wieso?

Ich dachte automatisch: Das muss ich festhalten. Damit ich meine Familie, Freunde und Stammgäste darüber informieren kann, was passiert ist. Erst später wurde mir klar, wie gefährlich die Situation im ganzen Tal war. Der Novemberschnee ist nass und kalt und viel zu schwer. Wir sind mit großem Glück an einer Katastrophe vorbeigeschrammt.

Über 1,8 Millionen Mal wurde Ihr Video angesehen. Was ist das für ein Gefühl?

Ich habe das zuerst gar nicht realisiert. Das kam erst, als mich Freunde anriefen und über die zahlreichen Klicks und die Verbreitung des Videos informierten. Ich fand es ein ungewohntes und merkwürdiges Gefühl, mich selbst in den Nachrichten zu sehen.

Wie geht es nun weiter?

Ich stehe gerade das erste Mal seit Sonntag wieder vor meinem Haus. Das Ortsbild hat sich im Kern aufgrund der schnell voranschreitenden Aufräumarbeiten schon normalisiert, es schaut wieder nach Winterbild aus. Entwarnung kann zwar noch nicht gegeben werden, aber unsere Situation hat sich ein bisschen stabilisiert. Das alles gibt mir ein Gefühl der Sicherheit.