Welt

"Ich will töten und selbst am Leben bleiben"

Heute Redaktion
Teilen
Picture
Bild: Reuters

Der Nervenkrieg in Toulouse dauert an. Die Polizei hat seit bald 20 Stunden das Haus, in dem sich der mutmaßliche Serienattentäter befindet, umstellt. Der Mann will "keinen Märtyrer-Tod sterben", er soll bereits die Bedingungen für seine Kapitulation verhandeln.

Der Nervenkrieg in Toulouse dauert an. Die Polizei hat seit bald 20 Stunden das Haus, in dem sich der mutmaßliche Serienattentäter befindet, umstellt. Der Mann will "keinen Märtyrer-Tod sterben", er soll bereits die Bedingungen für seine Kapitulation verhandeln.

Es wird bekannt, dass der mutmaßliche Serienkiller bereits im November vergangenen Jahres wegen seiner Aufenthalte in Pakistan und Afghanistan vom französischen Geheimdienst vernommen worden ist. Der 23-jährige Tatverdächtige hat demnach erklärt, er sei als Tourist unterwegs gewesen. Mohamed Merah steht in Verdacht, in Toulouse und Umgebung sieben Menschen getötet zu haben.

Stand 21:07 Uhr

Mohamed Merah will sich nach Angaben des französischen Innenministers Claude Gueant in Kürze der Polizei stellen. "Er hat bestätigt, dass er sich bald ergeben will", sagte Gueant. Der Mann, der sieben Menschen erschossen haben soll, wolle in der Nacht aufgeben: "Die Bedingungen für seine Aufgabe werden diskutiert."

Der französische Verteidigungsminister Gerard Longuet sagte hingegen, die Belagerung des Hauses, in dem der 23-Jährige sich verschanzt habe, könne noch die Nacht hindurch dauern. "Noch Tage - nein. Es gibt eine körperliche, nervliche Ermüdung", sagte Longuet. Er unterstrich das Ziel der Sicherheitskräfte, Merah lebend zu ergreifen, um ihn vor Gericht stellen zu können und seine Motive zu ergründen.

Stand 19:41 Uhr

Er hält nichts von islamistischen Selbstmord-Aktionen. Der Mann habe gesagt, "dass er keine Märtyrer-Seele hat, er zieht es vor zu töten und selbst am Leben zu bleiben", erklärte der Staatsanwalt von Paris am Mittwoch. Der 23-jährige Mohamed Merah hatte Polizeibeamten gesagt, er wolle "zum Ende des Abends" aufgeben.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft steht ein Elitepolizist in Kontakt mit dem algerischstämmigen Mann, der am Morgen gesagt hatte, er sei Mitglied des islamistischen Terrornetzwerks Al-Kaida. Der mutmaßliche Serien-Attentäter zeige "keinerlei Reue", vielmehr bedauere er, dass er nicht noch mehr Menschen habe töten können. Seine Attentate glorifiziere er mit den Worten, er habe "Frankreich in die Knie gezwungen". Der 23-Jährige plante demnach, einen weiteren Soldaten sowie zwei Polizisten zu töten.

Stand 16:00 Uhr

Wann stellt er sich?

Am frühen Nachmittag hatten die TV-Nachrichtensender BFM und i-Tele sowie das Magazin Le Point übereinstimmend berichtet, der Mann sei überwältigt worden. Er hat sich in einem Haus verschanzt und steht in Verdacht, in Toulouse und Umgebung sieben Menschen getötet zu haben, drei Soldaten und drei Kinder und einen Lehrer vor einer jüdischen Schule.



Der Verdächtige hatte sich in einem Haus in Toulouse verschanzt und mindestens zwei Polizisten verletzt. Er steht in Verdacht, in der südfranzösischen Stadt und Umgebung sieben Menschen getötet zu haben. Bei der Fahndung nach dem Serientäter von Südfrankreich hatten die Ermittler den Gesuchten gefunden. Der 23-Jährige, der sich in einem Haus in Toulouse verschanzt hatte, gab zu, der Täter zu sein. Laut Innenminister Claude Gueant wurde der Bruder des Verdächtigen ebenfalls festgenommen.

Stand 12:00 Uhr

Verdächtiger wolle sich ergeben

Mohammed Merah, 23-jähriger Franzose mit algerischer Abstammung, verschanzte sich seit der Nacht auf Mittwoch in einem Wohnhaus im Viertel la Croix-Daurade, wollte sich aber nach Angaben des französischen Innenministers Claude Gueant am Nachmittag ergeben. Der Mann hatte einem Polizisten seine Absichten erklärt, nachdem er eine Waffe aus dem Fenster geworfen habe. "Er hatte aber weitere Waffen, darunter eine Kalaschnikow, eine Uzi und diverse Feuerwaffen", sagte Gueant.

Es sei der Mann, der die Taten begangen habe, die Justiz wolle ihn lebend festnehmen und vernehmen, hieß es bereits vor der Verhaftung. Gueant: "Dieser Mann hat bereits mehrere Straftaten auf französischem Boden begangen, einige mit Gewalt. Er spricht viel, er ist dabei, seinen gesamten kriminellen Weg zu erzählen." Gueant zufolge gab der Franzose im Austausch für ein "Kommunikationsgerät" eine Pistole ab. Gegen Mittag stellte der Mann die Kommunikation mit der Polizei ein.

Gueant erklärte auf einer Pressekonferenz zudem, der Verdächtige habe nach eigenen Angaben in einem in der geparkten Wagen weitere Waffen aufbewahrt. "Diese Waffen wurden entdeckt", sagte Gueant.

Taten Journalistin erzählt

Offenbar hatte der Verdächtige in der Nacht auf Mittwoch gegen 1.00 Uhr bei einer Journalistin des Fernsehsenders France 24 angerufen. Dies werde von der Polizei sehr ernst genommen und überprüft, hieß es in Ermittlerkreisen. Elf Minuten lang soll der Täter der Chefredakteurin Details seiner Taten berichtet haben.

Die Journalistin berichtete der Nachrichtenagentur AFP telefonisch, der Mann habe sich als der gesuchte Serientäter ausgegeben und unter anderem die Zahl der Kugeln genannt, die er bei seinen drei Taten abgefeuert habe. "Er hat gesagt, dass er zu Al-Kaida gehört und dass das nur der Anfang ist", fügte sie hinzu. Zudem habe er angemerkt, dass "alles gefilmt wurde" und "bald" zu sehen sein werde. Am Ende habe der Mann "nett" Aufwiedersehen gesagt.

Schusswechsel und Detonation

Seit 3 Uhr Mittwochnachts verschanzt sich der Mann in seiner Wohnung. Bei einem Schusswechsel wurden drei Polizisten verletzt. "Als sich die Polizisten seiner Tür näherten, hat er sofort durch die Tür geschossen. Ein Polizist wurde verletzt, aber er schwebt nicht in Lebensgefahr", berichtete Innenminister Claude Guéant am Tatort. Gegen 9.00 Uhr in der Früh war in der Nähe des Gebäudes eine laute Explosion zu hören.

Es habe mehrere Festnahmen gegeben; darunter seien auch die beiden Schwestern und Brüder des Mannes sowie die Mutter. "Die Mutter wurde zum Ort gebracht und gebeten, Kontakt zu ihrem Sohn aufzunehmen, was sie nicht gewollt hat", so Guéant. Einer der Brüder sympathisiere wie der Verdächtige mit den extremistischen Salafisten.

Unbekannter Nachbar

Der Verdächtige sei seinen Nachbarn im Gebäude nicht bekannt. "Hier sagt man sich "Bonjour", aber man kennt sich nicht", berichtete eine Anrainerin dem TV-Sender BFM. Laut Augenzeugen verzichtete die Polizei bewusst auf eine Evakuierung des fünfstöckigen Mehrfamilienhauses. Anrainer des ruhigen Wohnviertels im Osten der Stadt berichteten Journalisten telefonisch, sie seien im Haus blockiert. Nach Informationen aus Polizeikreisen könnte die Polizei das Haus stürmen, wenn die Pattsituation länger andauern.

Begonnen hatte der Einsatz kurz nach 3.00 Uhr in dem nur drei Kilometer Luftlinie von der jüdischen Schule entfernten Viertel, in dem am Montag vier Menschen gezielt erschossen worden waren.

Ex-Soldat und Al-Kaida-Mann

Der Mann erklärte der Polizei den Angaben zufolge, er habe palästinensische Kinder rächen wollen und auch ein Zeichen gegen den französischen Einsatz in Afghanistan setzen wollen. Der 23-Jährige sei bereits in der südafghanischen Stadt Kandahar vorübergehend festgenommen worden, verlautete am Mittwoch aus Ermittlerkreisen. "Er spricht viel von seinem Engagement für (das Terrornetzwerk) Al-Kaida", sagte Guéant. "Diese Person war in Afghanistan und Pakistan. Er ist den Salafisten und Jihadisten verbunden und bezeichnet sich selbst als "Mujaheddin". Er stamme aber aus Toulouse und habe die französische Staatsangehörigkeit.

  Er habe erklärt, dass er zu dem Terrornetzwerk Al-Kaida gehöre, er habe "palästinensische Kinder rächen" und die französische Armee angreifen wollen. Der Verdächtige habe Verbindungen zu Salafisten- und Jihadisten-Gruppen. 

Aus Ermittlerkreisen verlautete, der Mann habe offenbar keine Geiseln. Er zähle zu "den Leuten, die aus Kampfgebieten zurückkommen und immer die Geheimdienste beunruhigen". Weiter hieß es, der Verdächtige sei bereits im Zusammenhang mit den vorhergegangenen Angriffen in Toulouse und Montauban im Visier der Fahnder gewesen.

Hinweis aus dem Internet

Die Ermittler kamen dem Verdächtigen nach ersten Erkenntnissen durchs Internet auf die Spur. Das erste Opfer war mit seinem mutmaßlichen Mörder über eine Internet-Verkaufs-Plattform in Kontakt getreten, berichtete der TV-Nachrichtensender BFM unter Berufung auf Polizeikreise.

Das Opfer hatte sein Motorrad verkaufen wollen und die geringe Kilometerleistung mit längeren beruflichen Auslandseinsätzen als Soldat erklärt. Der Täter hatte mit ihm per Mail einen Treffpunkt vereinbart. Die von Polizeiermittlern identifizierte IP-Adresse gehörte zu einem Computer, der dem Bruder des Tatverdächtigen gehört.

Zudem soll ein Yamaha-Händler demnach berichtet haben, dass ein Kunde sich ein paar Tage zuvor informiert habe, wie man den Chip für die Satelliten-Verfolgung des Motorrollers deaktivieren könne. Der Täter war mit einem Motorroller dieser Marke unterwegs gewesen.

  Weitere Morde wurden erwartet

Zuvor hatte die Staatsanwaltschaft von Paris die Befürchtung geäußert, dass der Serientäter erneut zuschlagen könnte. Es handle sich um einen "extrem entschlossenen" und "kaltblütigen" Täter, sagte Staatsanwalt François Molins am Dienstag. Alle sieben Opfer an den drei Tatorten seien mit einem "aufgesetzten Kopfschuss" getötet worden.

Tausende bei Trauerfeier

Unterdessen hat in Jerusalem die Bestattungszeremonie für die vier Opfer des Mordanschlags auf die jüdische Schule begonnen. Tausende Trauergäste versammelten sich auf dem größten Friedhof Har Hamenuhot (Berg der Ruhe), darunter auch der französische Außenminister Alain Juppe.

Die Leichen des ermordeten Lehrers und Rabbiners Jonathan Sandler (30), seiner zwei kleinen Söhne (4 und 5) sowie dem vierten Opfer, ein Mädchen namens Miriam Monsonego (7),  waren in der Nacht per Flugzeug von Frankreich nach Israel gebracht worden.

"Der Schmerz ist unerträglich", sagte der israelische Innenminister Eli Yishai bei der Beisetzung in Jerusalem. "Das ganze israelische Volk weint." Parlamentspräsident Reuven Rivlin beschrieb den Anschlag in Toulouse als weiteres Beispiel für Terror gegen Juden in aller Welt. "Das jüdische Volk steht wilden Tieren gegenüber, die unersättlich und von blindem Hass angetrieben sind", sagte Rivlin. "Wir werden ihren Sieg nicht zulassen."