Österreich

"Ich wohne seit drei Jahren in einer Baustelle"

Heute Redaktion
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Klara V. hat eine wirklich schöne Wohnung an einer tollen Adresse im Alsergrund. Weniger schön ist, dass die 40-Jährige seit 3 Jahren unfreiwillig in einer Baustelle leben muss.

Das Palais Kolin ist ein Prachtbau aus der Gründerzeit. Dort über eine Wohnung zu verfügen ist ein nachhaltiges Privileg. Das würde prinzipiell auch für Klara V. gelten, allerdings muss die geplagte Mieterin seit nunmehr drei Jahren mit Lärmterror, Wassereinbrüchen und gewaltigen Einschränkungen der Lebensqualität leben.

Das hat einen einzigen Grund: Nahezu alle Wohnungen wurden, so wie auch der Dachausbau, von Grund auf saniert, um sie in weiterer Folge im Luxus-Segment verkaufen zu können. Auf der Homepage des Bauträgers heißt es dazu: "Palais Kolin – exklusives Wohnen mit Concierge, Fitnesscenter und Garage!" Die größte Wohnung mit 237 Quadratmetern, drei Terrassen und Pool am Dach ist für knapp sieben Millionen Euro wohlfeil.

"Werde mich aus diesem Haus nicht vertreiben lassen!"

Die Wohnung der Frau V. liegt im vierten Stock, direkt unter den Dachausbauten. Begonnen hat ihr persönlicher Kreuzweg vor drei Jahren mit einer Überprüfung der Statik am Dachboden des Hauses. Klara V. zu der ersten unangenehmen Überraschung: "Eines Tages hatte ich in meiner Küche ein Loch in der Decke. Man hat mir mitgeteilt, dass bei Statik-Proben leider ein Durchbruch stattgefunden hat." Zwar wurde das Loch schnell wieder geschlossen, Frau Klara V. blieb jedoch beunruhigt. Zurecht.

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Die weiteren Komplikationen über drei Jahre hinweg sind schier endlos:

– Weil die Wärmedämmung über ihrer Wohnung so wie auch die Fenster am Gang und in den umliegenden Wohnungen entfernt wurden, musste Frau V. drei Winter lang bei durchschnittlich 15 Grad leben: "In der Nacht habe ich mich oft in vier Decken gehüllt." Die Heizkosten lagen trotzdem um 1.000 Euro über dem Schnitt, die Nachzahlungen wurden ihr erst nach anwaltlichem Einschreiten rückerstattet.

– Die wenigen während des Umbaus im Haus verbliebenen Fenster standen über viele Monate hinweg offen und schlugen nachts zu, sobald ein bisschen Wind aufkam. Dies bereitete der Mieterin viele schlaflose Nächte.

– Durch die gewaltigen Erschütterungen beim Umbau und wiederholte Wassereintritte haben sich drei der Türen sowie ein Fenster derart verzogen, dass man sie nicht mehr schließen kann.

– Weil der längst eingebaute Lift nach wie vor nicht funktioniert, muss Klara V. ihre Einkäufe seit mehr als zwei Jahren über fünf Stockwerke schleppen.

– Dann wieder wurde der Kamin, über den ihre Therme entlüftet, versehentlich stillgelegt. "Der Rauchfangkehrer hat ein Heizverbot wegen Lebensgefahr verhängt. Würde sich meine Therme bei Abgasaustritt nicht automatisch abschalten, wäre ich jetzt tot."

Die Journalistin musste Wasserschäden in fast allen Zimmern hinnehmen, weil beim Dachaufbau über ihrer Wohnung offenbar nicht ausreichend abgedichtet wurde. Frau V. verbrachte Stunden um Stunden, um gegen das eintretende Wasser anzukämpfen – teils auch nachts. "Wenn das Wasser von der Decke rinnt, dann gehst du nicht schlafen. Dann beginnst du, Kübel aufzustellen – egal, welche Tages- oder Nachtzeit es ist." Um diese prekäre Situation zu meistern, musste sich die Mieterin immer wieder von der Arbeit freinehmen. Einmal musste sie sogar einen geplanten Urlaub stornieren: "Wenn es permanent reinregnet, kann man nicht einfach seine Koffer packen und auf Urlaub fahren."

Dann folgte das nächste Ungemach: Die nassen Wände mussten trockengelegt werden. "Die Trockenlegung wurde letztes Jahr während der größten Hitzeperiode durchgeführt." Dafür wurden 150 Grad heiße Heizstäbe in die Wände gesteckt, die natürlich nicht nur das Mauerwerk, sondern die gesamte Wohnung erhitzten. "Der Mann, der die Heizstäbe montiert hat, hat gesagt: 'Das hätten's im Winter machen sollen.'" Tatsächlich musste Frau V. ein Jahr lang warten, bis ihre Wohnung professionell trockengelegt wurde.

Eine enorme Belastung ist für Klara V. auch die seit drei Jahren währende Lärmbeeinträchtigung: "Unter der Woche wird tagsüber immer gearbeitet. Ich freue mich immer schon auf das Wochenende, das ich endlich in Ruhe verbringen kann."

Die Frau ist bereits in dem Altbau geboren, dessen Dachwohnungen wohl noch weitere Monate für Rekordpreise "vergoldet" werden, bevor der Spuk ein Ende hat. Vor wenigen Wochen hat sich der ORF-Bürgeranwalt ihrer Lage gewidmet, auch vom "Heute"-Bericht erhofft sich Klara V. Wiedergutmachung für die Beeinträchtigungen. Auf die Behebung der Schäden in ihrer Wohnung wartet sie nach wie vor. Der Bauträger machte der Mieterin mehrere Angebote, aus ihrer Wohnung auszuziehen - wohl mit dem Ziel, auch diese Fläche in ein Luxusappartment für private Verkäufe zu verwandeln. Sie aber will bleiben. "Ich werde mich aus diesem Haus nicht vertreiben lassen!"

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    (W. Pohl)