Österreich

"Kakerlakenproblem in Justizanstalt ist nicht neu"

Heute Redaktion
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Thomas B. vor der Justizanstalt Josefstadt: "Hier war es am schlimmsten."
Thomas B. vor der Justizanstalt Josefstadt: "Hier war es am schlimmsten."
Bild: Denise Auer

Kürzlich mussten drei Bereich in der Justizanstalt Josefstadt wegen Schädlingsbefall gesperrt werden. Ein Ex-Häftling sagt: "Bei den hygienischen Standards wundert mich das nicht."

Vor zwei Wochen ging die Nachricht durch sämtliche Medien: Justizanstalt muss aufgrund Kakerlaken teilgesperrt werden – die Anstalts- und Insassenküche sowie die Bäckerei. Zuerst hört sich das nach einer skurillen Randmeldung an, doch Schilderungen eines ehemaligen Insassen sind weniger amüsant.

"Es gab auch Ratten"

Thomas B. (Name geändert) musste 2006 und 2007 fünf Monate absitzen und arbeitete für mehrere Wochen in der Küche. Zuletzt saß er 2017 vier Monate in der Justizanstalt Josefstadt. Auch dort kam er mit der Küche in Kontakt. Seine Erfahrungen blieben die gleichen: "Es war nicht nur die Küche, das ganze Gebäude war betroffen. Diese Viecher hab ich aus den Wänden kriechen gesehen. Im Lager, wo das Mehl aufbewahrt wurde, bin ich sogar Ratten begegnet."

"Verschimmeltes Essen serviert"

Auch die Reinigungs-Maßnahmen sollen halbherzig ausgeführt worden sein: "Ehrlich gesagt, ich fand es katastrophal. Es wurde regelmäßig geputzt, aber die Methoden war mehr als fragwürdig. Nur um ein Beispiel zu nennen, der Boden und die Arbeitsflächen sind mit Wasser abgespritzt worden. Ob auch desinfiziert wurde, hat kaum jemand geachtet."

Kakerlaken und Ratten sollen nicht das einzige Problem gewesen sein. Besonders gut kann er sich daran erinnern wie das Essen zubereitet wurde: "Wenn das Fleisch schimmelte, wurden die betroffenen Stellen einfach weggeschnitten und den Häftlingen serviert. Wenn man wusste wie es da zugeht, wollte man die Mahlzeiten lieber nicht essen."

Missstände lieber nicht ansprechen

"Es gab Insassen, für die war das länger nicht mehr tragbar", so Thomas B. "Wer die Probleme angesprochen hat, der hatte es nicht leicht. Wir wurden nicht malträtiert oder sowas, aber das Klima ist für die 'Querulanten' rauer geworden. Es gab Wärter, die haben uns gerne spüren lassen, dass wir hier nichts zu melden haben."

Pressesprecherin:"Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, es gäbe keine Kakerlaken"

Die Medienstelle des Justizministeriums reagiert auf die Vorwürfe hinsichtlich des Kakerlaken-Problems entspannt: "Schädlinge haben wir, das ist richtig, aber ein akutes Schädlingsproblem erst seit kurzem", so eine Pressesprecherin. "Ich möchte mich nicht dazu äußern, was der Herr gesehen und erlebt hat, aber es gibt Auflagen, die wir gemäß des Marktamtes erfüllen müssen und die erfüllen wir auch sonst."

Keine Erklärung für Schädlingsbefall – großer Aufwand um das Problem zu lösen

Vergangenen Dienstag haben die Maßnahmen begonnen, die in zwei jeweils zweiwöchigen andauernden Phasen unterteilt sind. Laut Medienstelle des Justizministeriums sind die Räumlichkeiten unter Quarantäne gesetzt – so lange lässt das Schädlingsbekämpfungsunternehmen die chemischen Mittel einwirken: "Die großangelegte Behandlung der betroffenen Räumlichkeiten hat begonnen. Anfang April sollten die Maßnahmen abgeschlossen sein", so die Sprecherin.

Eine Erklärung für das Problem kennt man jedoch nicht: "Wir haben Vermutungen wie es zum massiven Schädlingsbefall gekommen ist, aber mit Sicherheit lässt sich das nicht sagen."

Eine ganz normale Zweiklassengesellschaft

Thomas B. sieht seine Ansichten über die Behandlung der Insassen nur bestätigt. "Vielleicht ist es normal, dass man uns schlechteres zum Essen vorsetzt oder dass die Hygiene nicht so gut sein muss wie in der Beamten-Kantine. Das hat sich zum Glück in den letzten Jahren gebessert. Ich bin nun mittlerweile etwas reifer geworden, muss mich um zwei Kinder kümmern, aber bei der Küche würde ich sowieso nie im Leben daran denken etwas ungesetzliches zu tun", scherzt der Ex-Häftling selbstironisch.

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