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"Japans Beethoven" weder taub noch Komponist

Heute Redaktion
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Bild: EPA

Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe: Jahrelang wurde der taube japanische Starmusiker Mamoru Samuragochi (50) als "Japans Beethoven" in den Himmel gejubelt. Nun trat sein langjähriger "Assistent" Takashi Niigaki (43) an die Öffentlichkeit. Er gestand, dass sein Chef nicht nur einen Ghostwriter zum Komponieren brauchte, sondern noch nicht einmal taub ist.

Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe: Jahrelang wurde der taube japanische Starmusiker  (50) als "Japans Beethoven" in den Himmel gejubelt. Nun trat sein langjähriger "Assistent" Takashi Niigaki (43) an die Öffentlichkeit. Er gestand, dass sein Chef nicht nur einen Ghostwriter zum Komponieren brauchte, sondern noch nicht einmal taub ist.

Die brisante Beichte wurde live im japanischen Fernsehen übertragen: Jahrelang half Takashi Niigaki bei dem Riesen-Schwindel, mit dem die ganze Musikszene hinters Licht geführt wurde. Statt nur sein Helfer zu sein, komponierte Niigaki für seinen Chef und machte die "Milli Vanilli"-Posse so perfekt. Japans Beethoven hingegen könne noch nicht einmal Partituren schreiben.   "Vom ersten Tag an bis heute hatte ich nie das Gefühl, dass er taub ist", setzte der Ex-Helfer noch eins drauf.

Selbst erste "Beichte" war gelogen

Erst am Mittwoch gestand Samuragochi ein, dass er Hilfe beim Komponieren hatte. Das dürfte wohl etwas untertrieben gewesen sein. Der populäre 50-jährige Musiker hatte seinen Helfer nach eigenen Worten Ende der 1990er Jahre engagiert, "weil mein Gehör immer schlechter wurde". Niigaki habe bei etwa der Hälfte seiner Werke mitkomponiert.

"Fiel ihm schwer, sich taub zu stellen"

"Helfer" Niigaki wurde zum Komplizen, weil sein Chef nichts auf die Reihe bekam. Zuletzt wurde dem Mann in der zweiten Reihe der Rummel um den "Beethoven des digitalen Zeitalters" zuviel. Daraufhin rückte der Assistent mit der Wahrheit heraus. Auch mit der Lüge um die Taubheit des Chefs räumte er auf: "Ich glaube, es fiel ihm schwer, sich taub zu stellen. Vor kurzem habe ich ihn alleine zuhause getroffen - wir haben von Beginn an ganz normal miteinander gesprochen."

Bei Sonate für Sotschi platze Helfer der Kragen

Das Fass zum Überlaufen gebracht hätten schließlich die Pläne des japanischen Eiskunstläufers Daisuke Takahashi, der für eine seiner Küren bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi eine angeblich von Samuragochi komponierte Sonate eingeplant hatte. Er habe befürchtet, "dass eine solch kostbare Gelegenheit" Samuragochis falschen Ruhm endgültig festigen könnte, sagte Niigaki. Deshalb habe er sich entschlossen, mit der Fiktion ein für alle Mal aufzuräumen.

"Resident Evil" als Durchbruch, Taubheit "Geschenk Gottes"

Samuragochi war Mitte der 90er Jahre mit klassischen Kompositionen zu Videospielen wie etwa Resident Evil berühmt geworden. Mit 35 Jahren wurde er nach seinen eigenen Angaben taub, setzte seine Arbeit aber fort. Damals entstand auch sein berühmtestes Stück, "Sinfonie No. 1, Hiroshima", eine Ehrung der Opfer des Atombombenangriffs von 1945. In einem Interview aus dem Jahr 2001 hatte Samuragochi seinen angeblichen Gehörverlust als "Geschenk Gottes" bezeichnet.

APA/red.