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"Kann eine Prostituierte Liebe empfinden?"

Heute Redaktion
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Bild: iStock

Xaver interessiert sich dafür, wie sich Sexarbeit auf das Privatleben der betroffenen Frauen und ihren Umgang mit Intimität auswirkt. Sind Huren überhaupt beziehungsfähig?

Frage von Xaver (33) an Doktor Sex: Das Thema Prostitution ist allgegenwärtig. Deshalb mache ich mir immer wieder Gedanken dazu. Selber habe ich zwar nichts damit zu tun und auch meine Frage hat keinen persönlichen Hintergrund. Trotzdem interessiert mich, wie Sexarbeiterinnen mit Intimität umgehen und welche Auswirkungen ihre Tätigkeit auf ihr Privatleben hat. Kann eine (Ex-)Prostituierte echte Liebe und die Gefühle eines Mannes überhaupt "ernst" nehmen? Und sind diese zu einem Großteil offenbar sehr hübschen Frauen eigentlich noch beziehungsfähig? Oder ist für sie eine persönliche Beziehung spätestens dann zum Scheitern verurteilt, wenn Intimität und Verbindlichkeit ins Spiel kommen?

Antwort von Doktor Sex

Lieber Xaver

Prostitution ist für viele Frauen ein Beruf. Dass dieser in den Augen der meisten Menschen außergewöhnlich erscheint, ist zum einen auf die gesellschaftliche Doppelmoral im Umgang mit Sexualität zurückzuführen und zum anderen einem eklatanten Mangel an Faktenwissen zum Thema Sexarbeit geschuldet.

In weiten Teilen der Bevölkerung herrscht die Meinung vor, dass alle Frauen zu dieser Tätigkeit gezwungen werden und sie Opfer von Menschenhandel sind. Dass dies auf einen Teil der Prostituierten tatsächlich zutrifft, ist zwar schrecklich und muss so gut wie nur irgendmöglich verhindert werden. Jedoch darf die Empörung über dieses Unrecht nicht dazu führen, dass wir die große Mehrheit vergessen – die Frauen also, die ihre Dienstleistungen freiwillig erbringen und damit ihren Lebensunterhalt selbständig verdienen.

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Es ist naheliegend, dass der Beruf der Sexarbeiterin, so wie alle anderen Berufe auch, Auswirkungen auf das Privatleben und die Beziehungen der Frauen hat, die diesen ausüben. Jedoch wäre es überheblich und vermessen, diese Frage pauschal, also für alle Frauen, die sexuelle Dienstleistungen erbringen, beantworten zu wollen. Denn mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gibt es beides: Prostituierte, die Probleme haben damit, ihre private und intime Liebesbeziehung von ihrem beruflichen Alltag eindeutig abzugrenzen, und solche, denen dies leichtfällt. Und genauso gibt es wohl auch solche, die durch ihre Tätigkeit emotional abstumpfen.

Der Versuch, Beruf und Privatleben zu vereinbaren und dabei trotz teilweise fast unerträglicher Verhältnisse am Arbeitsplatz menschlich zu bleiben, fällt vielen Menschen – Männern und Frauen – zunehmend schwer. Statt Spekulationen anzustellen über eine Gruppe von Frauen, die aufgrund ihrer Tätigkeit scheinbar besonders herausgefordert ist und Gefahr läuft, komplett überfordert zu werden, scheint es mir daher sinnvoller, wenn wir uns alle immer wieder die Frage stellen, wie wir als Einzelne etwas zu einer lebenswerteren Welt und einem wertschätzenderen und liebevolleren Umgang mit anderen beitragen können.