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"Kann sie mich und einen anderen Mann lieben?"

Heute Redaktion
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Bild: iStock

Ferdinand ist verzweifelt. Seine Frau strapaziert die Grenzen der Beziehung, während er sich nichts sehnlicher wünscht, als dass alles bleibt, wie es ist. Was nun?

Frage von Ferdinand (43) an Doktor Sex: Ich bin seit 17 Jahren verheiratet. Etwa seit zwei Jahren hat meine Frau immer wieder Krisen, in denen sie alles infrage stellt, auch unsere Beziehung und die Familie – wir haben drei Kinder. Bis jetzt konnten wir die Stürme überstehen. Aber nun ist es besonders schlimm geworden. Erst ging sie viel alleine weg, verliebte sich irgendwann in einen anderen Mann und begann, mit mir über eine offene Beziehung zu reden, was für mich aber nicht infrage kam. Nach vielen Tränen und Gesprächen entschied sich meine Frau schlussendlich für mich. Aber nun hat sie angefangen, heftig mit einem Arbeitskollegen zu flirten. Für mich bricht eine Welt zusammen. Aber um darüber zu reden, fehlt mir der Mut. Die Angst, dass unsere Ehe danach endgültig am Ende ist, obwohl ich ihr alles verzeihen würde, ist einfach zu groß. Offensichtlich scheint sie zwei Männer gleichzeitig zu lieben – mich und den Kollegen. Wie auch immer das gehen soll. Ich verstehe die Welt nicht mehr. Ich denke, sie verzichtet mir und der Familie zuliebe auf eine echte Affäre. Dies wird sie aber wohl kaum je richtig glücklich werden lassen in Zukunft. Soll ich sie zur Rede stellen und eine definitive Entscheidung verlangen? Oder das Ganze totschweigen und versuchen, auszuharren, bis alles wieder abflaut?

Antwort von Doktor Sex

Lieber Ferdinand

In einer Familie müssen viele Bedürfnisse in den Hintergrund treten. Man muss verzichten und gemeinsam am selben Strick ziehen. Sobald aber die Kinder etwas größer sind und das "Gröbste" hinter einem liegt, melden sich die unterdrückten Bedürfnisse sofort zurück. Ich denke, genau an diesem Punkt seid ihr angelangt. Ihr seid beide im Laufe der 17 Jahre Ehe andere geworden. Und dieses Anderssein und das damit verbundene neue Verhalten nehmen mehr und mehr Raum ein. Dies führt unweigerlich dazu, dass die Beziehung, so wie sie bisher war, in Frage gestellt ist.

Eine solche Erschütterung ist mit Angst und Unsicherheit verbunden. Das spürst du. Umso mehr noch, als die Initiative von deiner Frau ausgeht, während du lieber so weiterleben würdest, wie ihr es in den letzten Jahren getan habt. Du spürst, dass plötzlich fast alles möglich ist – auch das Ende der Beziehung, und dass du die Komfortzone wirst verlassen müssen.

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In einer Krise kann es nicht allein das Ziel sein, möglichst schnell wieder in die alte Situation zurückzukehren, um Ruhe zu haben und sich angstfrei und sicher zu fühlen. Für den Partner, der die Veränderung durchgemacht hat, ist dies schlicht unmöglich. Weil sein Raum, sein Denken und seine Bedürfnisse anders geworden sind. Für ihn geht es darum, gehört zu werden und als der oder die Neue, Andere wahrgenommen zu werden. Ja, er ist geradezu darauf angewiesen, dass sein Partner ihm diese Möglichkeit gibt.

Menschen bleiben nur in einer Beziehung, wenn sie ganz sich selber sein können. Weil wir uns alle weiterentwickeln, bedeutet sich selber sein im Lauf der Zeit immer wieder etwas anderes. Weigert sich ein Partner, sich mit diesen Entwicklungen auseinanderzusetzen, führt dies zwangsläufig zu einer Krise. Und letztlich zu Heimlichkeiten.

Ich empfehle euch eine Paarberatung. Nicht, um dort die Entweder-oder-Frage zu diskutieren oder darum zu streiten, wer recht hat und wer nicht. Sondern, um miteinander herauszufinden, was sich in eurer Beziehung an noch nicht gelebtem Leben zeigen möchte. (wer)