Österreich

"Keiner sprach Arabisch": Häftling zündete Zelle an!

Heute Redaktion
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Aus Zorn auf Beamte zündete Mouhamed S. seine Zelle in der Josefstadt an und brachte Mithäftlinge fast um. Beim Prozess zeigte der Heißsporn den Mittelfinger.

Gerichtspsychiater Karl Dantendorfer bescheinigt dem Häftling Mouhamed S. (32) "eine kurze Zündschnur". Soll heißen: Der Algerier explodiert schnell und wird dann brandgefährlich. Am 16. Oktober 2016 stand deshalb eine Vier-Mann-Zelle in der Wiener Justizanstalt Josefstadt in Flammen.

Aus Wut, weil er nicht in einen anderen Haftraum verlegt wurde, hatte Mouhamed S. mit einem Feuerzeug seine Matratze angezündet. Dann hinderte er drei entsetzte Mitgefangene daran, den Brand zu löschen, indem er sie mit Besteckmessern bedrohte. Resultat: Im kleinen Raum breitete sich das Feuer rasch aus.

"Was ist los? Kartoffel mit Soß"

Ein Mithäftling erlitt Verbrennungen dritten Grades und verlor das Bewusstsein. Die beiden anderen würgten an Rauchgasvergiftungen. Der Brandstifter selbst schützte sich. Im Nassbereich der Zelle hielt er den Kopf immer wieder unter fließendes Wasser. Als ein Beamter über die Sprechanlage fragte, was los sei, feixte der Nordafrikaner: "Was ist los, was ist los? Kartoffel mit Soß". Augenblicke später aber merkte der Wachkommandant den Qualm und alarmierte die Betriebsfeuerwehr. Die verhinderte eine Feuersbrunst im Stock und brachte die Opfer aus dem giftigen Qualm.

Mittelfinger-Auftritt vor Gericht

Am Donnerstag vor Gericht in Wien, erwies sich Mouhamed S. erneut als Heißsporn: Auf dem Weg zur Anklagebank zeigte er Fotografen den Mittelfinger. Und auch die Vorgeschichte seiner Tat hat viel mit der "kurzen Zündschnur" zu tun.

Weil er nach drei Vorstrafen (Einbruch und Drogendelikte) abgeschoben werden sollte, drehte der Algerier im Polizeianhaltezentrum durch. Erst zertrümmerte er einen Mistkübel. Dann prügelte er auf einen Beamten ein, der ihn in eine Hochsicherheits-Zelle abführen wollte. Die Folge: Wegen Körperverletzung kam der Schubhäftling in U-Haft – und wurde am 15. Oktober in die Justizanstalt Josefstadt überstellt.

Fernsehgerät zertrümmert

Aber "dort passte das Zimmer nicht", erklärte Mouhamed S. beim Prozess seinem verblüfften Richter Christian Noe, "denn die anderen Häftlinge haben immer gebetet." Kulant durfte der Algerier am nächsten Tag in eine andere Zelle übersiedeln. Aber auch dort fühlte er sich nicht wohl: "Da sprach keiner Arabisch. Ich konnte mich mit niemand verständigen." Also wollte er am Abend erneut den Haftraum wechseln.

Weil die Anstaltsleitung dem Wunsch diesmal aber nicht sofort entsprach, wurde Mouhamed S. wieder zur "Zündschnur": "Ich wollte unbedingt weg", verantwortet er seine Tat beim Prozess, "und bin wie ein Verrückter in der Zelle herumgerannt. Dann habe ich den Fernseher und ein Radio dort zertrümmert. Aber kein Beamter kam. Da habe ich die Matratze angezündet."

Wieso keine Mordanklage?

Der Angeklagte wusste um die Lebensgefahr: "Hätten die Wache das Feuer nicht rasch gelöscht, wären wir jetzt alle tot." Er nahm also Todesopfer zumindest in Kauf. Was für eine Anklage wegen Mordversuchs reicht. Denkbar somit, dass der Schöffensenat den Prozess noch an ein Schwurgericht verweist.

Donnerstag aber berichteten noch die attackierten Mithäftlinge von ihrer Panik. Auch elf Justizbeamte sind als Zeugen geladen. Sie wurden bei den Löscharbeiten teils erheblich verletzt. Vertreten von Anwalt Marcus Januschke fordern sie Schadenersatz für Dienstentgang und Schmerzen.

Um alle zu hören wurde der Prozess auf 12. Mai vertragt.

(hölli)