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"Kommen gut mit Wien klar, obwohl wir Piefke sind"

Heute Redaktion
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Bild: CHRISTIAN THIELE

Am 19. Mai ist ihr neues lange erwartetes Album "Veto" erschienen, eine Woche später haben sie im ausverkauften Wiener Gasometer trotz später Stunde für die richtige Stimmung gesorgt und in der Zwischenzeit brachte sie die deutsche "Bild"-Zeitung noch mit einem inszenierten Skandal in die Medien. '"Heute.at" hat sich mit Matthias, dem Schlagzeuger von Heaven Shall Burn über all das unterhalten.

in die Medien. "Heute.at" hat sich mit Matthias, dem Schlagzeuger von Heaven Shall Burn über all das unterhalten.

Das neue Album von Heaven Shall Burn "Veto" ist mit einem Paukenschlag auf Platz zwei der offiziellen deutschen Verkaufscharts eingestiegen. Auch in Österreich konnten sie sich in der ersten Woche über den 20. Platz der Ö3-Top-40 freuen. Kurz bevor die Band ihren grandiosen Auftritt im Wiener Gasometer absolvierte, hat sich "Heute.at" mit Matthias Voigt, dem Schlagzeuger der erfolgreichen Band aus dem Osten Deutschlands unterhalten.

Freut ihr euch schon auf die Release-Shows in Leipzig und Wien? Was steht danach auf dem "Heaven Shall Burn"-Kalender?

Auf jeden Fall! Leipzig ist ja nun schon Geschichte und war auch super! Es war unglaublich, wie die Leute auch nach gefühlten 20.000 Bands noch mitgemacht haben. Ich selbst habe leider nicht mitspielen können, aber war mit vor Ort. Nach Wien werde ich leider nicht mitkommen, aber ich weiß, dass sich die Jungs schon mega darauf freuen! Neben der Show, wird man auch wieder viele Freunde treffen, die man wirklich schon ewig kennt. Wien ist ja immer eine Reise wert und ich ärgere mich auch ausgiebig, dass ich selbst nicht dabei sein kann. Beim nächsten Mal dann wieder, hoffe ich doch.

 

Mit Wien verbindet euch eine schon etwas längere Freundschaft. Ihr habt euch vom Tüwi über das alte Planet Music und die Arena bis in das Gasometer "hochgespielt". Ihr habt euch Wien für die Aufnahme eurer Live-DVD ausgesucht und habt Wien auch die Ehre erwiesen, Schauplatz eurer 300-Show zu sein. In Interviews habt ihr immer wieder betont, dass Wien eine eurer Lieblingsstädte auf der Welt ist. Woran liegt das?

Das kann man schlecht erklären. Unser Gitarrist Maik hatte sicherlich als erster von uns Kontakte nach Wien. Das geht auch schon 20 Jahre zurück und hat sich wirklich über so lange Zeit gehalten. Vielleicht kommen wir einfach besonders gut mit den Leuten dort klar, obwohl wir Piefkes sind. Aber wir kommen ja aus dem Osten, was auch nochmal etwas anderes ist...haha. Spaß beiseite, wir haben wirklich bisher nur gute Erfahrungen gemacht. Von Anfang an hatten wir sehr gute Konzerte in Wien und es hat sich immer weiter gesteigert. Verbunden mit Leuten, die man kennt und dem besonderen Flair, das diese Stadt nunmal versprüht, ist das für uns eine unwiderstehliche Kombination. Übrigens kommt Martin Kames, der Mann der bei HSB für das Licht bei den Shows verantwortlich ist, auch aus Wien.

 

Ihr habt in allen Winkeln dieser Welt Fans, habt schon so auf fast allen namhaften Festivals im Headliner-Slot gerockt. Was könnt ihr als Band noch erreichen, was wollt ihr noch erreichen?

Als wir angefangen haben, war es unser Ziel, vielleicht mal ein paar Konzerte zu spielen und irgendwann mal eine professionelle Aufnahme zu machen und sogar zu veröffentlichen. Wir sind quasi seit Jahren auf einer großen Bonusrunde und hoffen einfach, dass es noch lange so läuft oder dass wir wenigstens etwas relevant bleiben. Irgendwann werden wir sicherlich auch wieder kleinere Brötchen backen müssen, aber das stört uns nicht.

 

Mit "Invictus" habt ihr es schon geschafft, in die Top 10 der deutschen Albumcharts vorzustoßen. Auch in Österreich war das Album auf Platz 17 zu finden. Ist da für "Veto" eurer Meinung ähnliches drinnen oder sogar noch mehr Luft nach oben?

Das kann man wirklich ganz schlecht sagen. Am meisten hängt das wohl davon ab, welche Platten momentan noch so auf dem Markt sind. In manchen Wochen ist man mit 5.000 verkauften CD's sicher in den Top Ten und ein anderes Mal geht es damit vielleicht maximal in die Top 50. Letztens haben wohl Depeche Mode in der ersten Woche 140.000 Einheiten abgesetzt, wenn ich das richtig verstanden habe und waren damit natürlich auf Eins. Gegen solche Zahlen kann man natürlich nicht anstinken. Momentan kommen auch sehr viele gute Platten auf den Markt und es wäre schon sensationell, wenn wir irgendwo unter den ersten 25 wären. "Veto" ist sicherlich besser als "Invictus" und kommt auch bei den Leuten viel besser an, aber das muss sich nicht zwangsläufig in der Platzierung widerspiegeln.

 

"Veto" kommt nach ein paar Durchläufen als eure bisher abwechslungsreichstes Album durch die Boxen, hat aber dabei nicht an der Härte der Vorgänger verloren. Wer und was hat euch während des Songwritings und der Aufnahmen beeinflusst?

Es war eigentlich wie immer, aber wir hatten mehr Zeit und konnten mehr an Details arbeiten. Ich glaube, dass das wirklich den Unterschied macht. Früher hatte man etwas mehr Zeitdruck. Da wir aber jetzt hauptsächlich im Studio unseres Gitarristen aufgenommen haben, war das alles viel entspannter und man konnte alles so machen, wie man es wollte und auch ausreichend probieren und rumschrauben.

 

Das Cover von "Veto" ziert ein Gemälde von John Collier, das die angelsächsische Adelige Lady Godiva zeigt, die vor fast 1000 Jahren gelebt hat. Wofür steht die Tat, die sie zur Legende werden ließ in unserer heutigen Zeit? Was wollt ihr euren Fans mit der Wahl der nackten Protestreiterin als Aufmacher auf eurem Album mitteilen?

Sie war ja auch eine Angehörige der sogenannten "Herrschenden Klasse", hatte aber trotzdem nicht den Blick für jene verloren, die nicht so gut situiert waren. Mit ihrem Nacktritt durch Coventry hat sie sich für andere ganz uneigennützig eingesetzt. Es war schon immer so, dass die Gesellschaft in verschieden Stände oder Klassen geteilt war und wer an der Macht war, kümmerte sich auch nur um seine Interessen. Heutzutage ist es aber so, dass wir das Gefühl haben, dass sich die Regierenden immer weiter von der Realität der einfachen Leute entfernen und quasi wie in einer Seifenblase leben. Das ist auch der Grund dafür, dass viele Entscheidungen in der Politik, seltsam anmuten und uns gelegentlich am Verstand der Politiker zweifeln lassen. Viele haben den Boden unter den Füßen verloren und können sich nicht in die Welt des "kleinen Mannes" hinein versetzen. Dass wir die Legende um Lady Godiva aufgreifen, soll eine Erinnerung daran sein, dass es auch anders geht bzw. es soll aufzeigen, was unseren Politikern oder auch anderen bessersituierten Menschen fehlt.

 

Mit "Die Stürme Rufen Dich" hat sich auch ein Song mit deutschem Text auf das Album verirrt. Zufall oder Vorbote, dass man in Zukunft mehr davon hören wird?

Wir hatten ja auch mal einen Song wie "Endzeit", der zumindest einen deutschen Titel hatte und dann auf "Invictus" auch mal einen Song mit deutsche Textfragmenten. Bei "Die Stürme rufen dich" ist es dann noch ein wenig mehr. Als könnte auf der nächsten Scheibe wieder etwas mehr dazu kommen...haha. Ich denke aber, dass es das jetzige Maß nicht überschreiten wird. Es hat einfach gepasst und hat sich so besser angehört. Wenn es wieder passt, dann werden wir das auch in Zukunft machen, aber das ist nicht geplant. Wir wissen ja jetzt noch nicht, wie die neue Platte in zwei oder drei Jahren dann vielleicht wird.

 

Die Blind Guardian Hymne "Valhalla" kommt 24 Jahre nach ihrer Erstveröffentlichung frisch in eurem Sound gepackt aus den Boxen, als wäre sie gestern geschrieben worden. Wie kams zu dem Cover, habt ihr Hansi Kürsch gefragt, ob er mitmachen will? Gibt’s die Nummer auch live zu hören und packen Maik und Alexander dann vor allem die Gitarren-Soli?

Wir wollten zuerst über die Plattenfirma fragen lassen, ob Blind Guardian etwas dagegen haben würden, wenn wir den Song covern. Eigentlich fragen wir da nie nach, aber hier wollten wir dann schon die Absolution erteilt bekommen. Als dann eine Demoversion aufgenommen war, haben wir sie Hansi zugeschickt und er war auch ganz angetan. Das war dann unsere Chance...haha. Ihm gefällt die Version auch gut und wir sind natürlich sehr erleichtert. Wir wissen noch nicht, ob wir die Nummer auch live bringen werden. Wir sehen jetzt auch erstmal, wie die Platte ankommt und welche Songs den Leuten so gefallen. Wenn man sieben CD's veröffentlicht hat, ist es nicht immer einfach, eine ausgeglichene Setlist zusammenzustellen. Da bekommen wir uns so schon immer mal in die Haare. Ich bin selbst gespannt. Maik und Alexander bekommen das hin, allerdings ist es schon am Limit. Live ist es dann vielleicht nicht so geil, wenn man verkrampft auf der Bühne steht und sich konzentrieren muss. Aber mit genügend Übung geht das schon. Wir werden also sicher daran arbeiten, dass wir den Song auch live im Repertoire haben werden.

Danke für das Interview.

Vielen Dank für die Fragen. Viele Grüße. Matthias.