Österreich

"Malariatherapie": Bis zu 100 Betroffene

Heute Redaktion
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Bild: Fotolia/Symbolbild

Ein Anwalt, der mehrere ehemalige Patienten der Wiener "Klinik Hoff" vertritt, die dort in den 60er Jahren mit Malaria gegen psychiatrische Erkrankungen behandelt worden sein sollen, geht von einer hohen Dunkelziffer aus.

Ein Anwalt, der mehrere ehemalige Patienten der Wiener "Klinik Hoff" vertritt, die dort in den 60er Jahren mit Malaria gegen psychiatrische Erkrankungen behandelt worden sein sollen, geht von einer hohen Dunkelziffer aus.

"Mathematik und Logik legen nahe, dass es etwa 100 Opfer gibt", sagte Johannes Öhlböck. Bis Mittwochnachmittag hatten sich bereits insgesamt vier Menschen als Betroffene bei ihm gemeldet.

Opfer leidet bis heute

Ein von Öhlböck vertretener Mann gibt an, 1964 in dem Spital als Heimkind, das mehrfach wegen Misshandlungen ausgerissen war, mit Malaria angesteckt worden zu sein. Diese Angaben würden nunmehr von einer 1963 in der "Klinik Hoff" (Universitätsklinik für Psychiatrie unter Leitung von Hans Hoff ab 1950) behandelten Frau gestützt, die sich am Mittwoch an den Wiener Anwalt gewandt habe.

Die in Ostösterreich lebende Frau sei von ihren Eltern, die mit der Pubertierenden nicht zurecht gekommen seien, in das Spital gebracht und der "Malariatherapie" unterzogen worden. "Sie sagt, sie leidet noch heute an Malariaattacken, sie habe laufend Fieberschübe", betonte Öhlböck. Ein zweiter Mann sei ebenfalls 1964 behandelt worden. Ein Dritter gebe an, er sei als 16-Jähriger nach "einmaligem Alkoholmissbrauch - sein erster Vollrausch" - eingeliefert worden und habe eine sechswöchige "Malariakur" durchgemacht. Auch er habe Spätfolgen und leide bis heute.

Hochrechnung ergibt rund 100 Betroffene

Die von dem Juristen angenommene dreistellige Dunkelziffer ergebe sich aus dem Zeitraum, in dem diese Behandlungen offenbar stattgefunden hätten - von etwa 1960/61 bis 1964 -, der berichteten Dauer der "Kur" (meist 14 Tage) sowie dem Umstand, dass es dafür zwei Kinder gebraucht habe: "Man hat Blut aus der Vene eines Kindes genommen und in den Gesäßmuskel eines anderen Kindes gespritzt", gab Öhlböck die Darstellungen seiner Mandanten wieder. Das sei vor den Augen der betroffenen Kinder geschehen, und im übrigen auch mit der selben Spritze.

Um diese "Testreihen" - "Mein erster Mandat sagt, ihm gegenüber habe die behandelnde Ärztin immer von 'Tests' gesprochen, nie von Therapie", so Öhlböck - ein Jahr fortzuführen, seien 26 Kinder nötig gewesen, über eine Dauer von vier Jahren ergebe das 104 Betroffene, rechnete der Anwalt vor. Beide ehemaligen Patienten hätten überdies von ihren persönlichen Beobachtungen erzählt, wie andere Kranke in der "Klinik Hoff" mit einer "sehr einschneidenden" Elektroschocktherapie behandelt worden seien.