Österreich

"Mein Kopftuch ist mein Ausweis"

Heute Redaktion
Teilen

Ruqaya Alobaidi (29), Mutter zweier Söhne (10, 6) war schon vier Jahre lang Anwältin für Zivil- und Familienrecht in der irakischen Hauptstadt Bagdad, als sie flüchten musste. Grund: Der Mann einer Klientin drohte, ihre Kinder zu töten.

Ruqaya Alobaidi hatte eine Frau vertreten, die sich von ihrem gewalttätigen Ehemann scheiden lassen wollte. Dieser drohte ihr, ihre Kinder zu töten. Mit ihrem jüngeren Bruder und ihren beiden Kindern - ihr Mann wollte im Irak bleiben - war sie sieben Tage ohne Schlaf, ohne Essen unterwegs, bis sie nach einer Querfahrt durch Europa den Wiener Hauptbahnhof erreichte.

"Eigentlich wollte ich nach Deutschland, aber alle waren so nett zu mir in Wien, dass ich entschied, hier zu bleiben", erzählt die junge Frau ernst. Erst war sie im Stadion untergebracht, seit Ende 2015 bewohnt sie in einer Pfarre gemeinsam mit ihrem 16-jährigen Bruder und den Kindern ein Zimmer. Seit April steht die 29-Jährige und ihre Kinder unter Subsidiärschutz. Ob sie dann bleiben darf, ist ungewiss.

"Der Pfarrer hier ist für mich wie mein Vater"

Inzwischen hat Ruqaya Alobaidi über den Pfarrer ("Er ist für mich wie ein Vater") viele Freunde gefunden, begleitet ihn zu Messen, Begräbnissen und Pfarr-Ausflügen. "Mir gefallen Eure Zeremonien". Und sie hat Deutsch gelernt, darf für 40 Stunden im Monat bei Wiener Wohnen arbeiten. "Ich würde gerne hier Jus studieren und mein Studium anerkennen lassen. Mein größter Traum wäre, hier als Richterin zu arbeiten", sagt Ruqaya verträumt. Das komplizierte Verfahren bereitet ihr aber Kopfzerbrechen. Die 29-Jährige will im Oktober einen Universitätslehrgang „Gerichts- und Behördendolmetsch" beginnen. Obwohl sie sehr gut Deutsch spricht, sieht sie in der Sprache die größte Schwierigkeit.

Herkunftsland: Irak
Seit wann in Wien? September 2015
Alter: 29
Was bedeutet Ihnen Religion? Ich halte mich an halal, trage Kopftuch
Was ist in Wien vorbildhaft? Ich liebe Wien, Schönbrunn
Lieblingsessen? Reisfleisch
Ausbildung? Rechtswissenschaften
Mitglied in Verein? Nein
Ihre beste Freundin ist Österreicherin? Ja, gemischt
Beachten Sie Halal bzw. Haram? Ja
Stören Sie religiöse Symbole in Wien? Nein, ich lebe hier in der Pfarre
Fühlen Sie sich integriert? Ja



"Das Kopftuch ist für mich kein Hindernis"


Ruqaya ist gläubige Muslimin: "Mein Kopftuch ist mein Ausweis", erklärt sie lachend. Was das heißt? "So sieht man, dass ich mich an "halal" halte (Anm.: „Halal" bezeichnet Dinge und Handlungen, die nach islamischem Recht erlaubt oder zulässig sind). Als ich einmal unabsichtlich ein Produkt mit Schweinefleisch kaufen wollte, machte mich eine Verkäuferin darauf aufmerksam". Ob das Kopftuch ein Hindernis ist, mit Österreichern in Kontakt zu treten? "Nein, überhaupt nicht", lacht Ruqaya.

Picture

(jem)

;