Community

"Mein Mann glaubt, ich sei süchtig nach Sex!"

Nora möchte jeden Tag Sex, aber ihr Mann kommt dadurch an seine Grenzen. Nun bezichtigt er sie sogar der Sucht. Wie geht sie damit am besten um?

Heute Redaktion
Teilen
Picture
Bild: iStock

Frage von Nora (29) an Doktor Sex: Mein Mann und ich sind seit dreieinhalb Jahren zusammen. Für mich ist es normal, jeden Tag Lust auf ihn zu haben. Er ist gut im Bett und befriedigt mich richtig, so dass danach mein Körper und meine Hormone verrückt spielen. Nun sagte er aber neulich zu mir, er denke, ich sei süchtig nach Sex. Aber er könne nicht immer, denn er sei doch kein Roboter. Ist das wirklich so, dass ich sexsüchtig bin, nur weil er mir guten Sex bietet und mein Verlangen nach ihm dadurch steigt? Und wie soll ich damit umgehen?

Antwort von Doktor Sex



Liebe Nora

Immer wieder landen in meiner Praxis Menschen mit der scheinbar eindeutigen Diagnose Sexsucht. Meist sind es Männer, die unter dem Druck ihrer Partnerin einen Gesprächstermin mit mir vereinbaren. Nicht selten mit der Auflage: So kann es nicht mehr weitergehen! In der Regel zeigen die Betroffenen eine hohe Bereitschaft, das Etikett "Sexsucht" zu akzeptieren. Die meisten von ihnen bezeichnen sich selber auch als krank und glauben dadurch, die Verantwortung nun einfach an mich delegieren und sich therapieren lassen zu können.

In der Mehrzahl der Fälle stellt sich aber schnell heraus, dass es gar nicht um eine Sucht geht, sondern um unterschiedliche Bedürfnisse und Vorstellungen, was Häufigkeit und Qualität der sexuellen Interaktion in der Beziehung angeht. Und damit um eine Kommunikationsproblem in der Beziehung. Die Behauptung, der Partner sei sexsüchtig, stellt sich als Versuch heraus, sich vor dem zunehmenden Druck auf die eigene Person zu schützen und das Problem dem anderen in die Schuhe zu schieben. Ich denke, das ist auch bei euch der Fall.

Offenbar glaubt dein Partner, er müsse, um dir zu genügen, dauernd Lust auf Sex haben und zudem auch noch potent genug sein, jederzeit den Geschlechtsverkehr vollziehen zu können. Gleichzeitig weiß er aber, dass ihm dies nicht möglich ist. Statt nun aber das Gespräch zu suchen, seine Gedanken und Ängste auszusprechen und mit dir in die Auseinandersetzung über sein Männerbild und eure Sexualität einzusteigen, macht er dich und deine Lust zum Problem, indem er dich als sexsüchtig bezeichnet. Damit ist er fein raus. Denn indem er dein Verlangen als krankhaft bezeichnet und dieses so außerhalb der gesellschaftlichen Normalität positioniert, kommst du unter Druck.

Um es klar zu sagen: Mit Sexsucht hat das, was du beschreibst, nichts zu tun. Aber wahrscheinlich viel mit dem Selbstwertgefühl deines Partners. Und ganz sicher mit eurer Gesprächskultur. Es scheint mir deshalb sinnvoll, wenn ihr hier ansetzt. Mit seiner «Diagnose» hat dein Mann den Ball dir zugeschoben. Von seiner Seite ist also kaum ein weiteres Angebot zu erwarten und es ist daher wohl nun an dir, den Prozess auf eine andere Ebene zu bringen und ihm ein Gespräch vorzuschlagen.

Jedoch solltest du dich unbedingt davor hüten, den Spieß umzudrehen und ihn zum Sündenbock zu machen. Indem du ihm beispielsweise mangelndes Selbstwertgefühl vorwirfst. Sinnvoller scheint mir, wenn du einfach von dir sprichst – davon, wie du den Sex mit ihm erlebst und dass du großen Spaß daran hast. Sag ihm aber auch, dass dir nicht daran liegt, ihn unter Druck zu setzen. Und frag ihn, was er braucht, um sich freier zu fühlen und den Sex mit dir spielerischer und entspannter zu erleben. (wer)

;