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"Mich erschüttert, dass er Pornos schaut!"

Heute Redaktion
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Bild: iStock

Eigentlich denkt Dania von sich, sie sei aufgeschlossen, wenn es um Sex geht. Trotzdem ist sie total verwirrt, seit sie vom Pornokonsum ihres Freundes weiß.

Frage von Dania (23) an Doktor Sex: Ich habe vor kurzem von meinem Freund erfahren, dass er Pornos schaut. Weil ich mich für aufgeschlossen halte, hätte ich nie gedacht, dass mir das so viel ausmachen würde. Seit ich es weiß, bin ich total verwirrt. Ich kann mich einfach nicht mit dem Gedanken anfreunden, dass mein Freund solche Filme schaut, um sich selbst zu befriedigen. Es ist nicht die Selbstbefriedigung an sich, die mich stört. Darüber reden wir in unserer Beziehung nämlich sehr offen und finden beide, dass sie zu einem gesunden Menschen gehört – auch wenn er oder sie in einer Beziehung ist. Was mich irritiert, ist das Wissen darum, dass er zielgerichtet Filme schaut, die explizite sexuelle Darstellungen enthalten, um sich damit zu erregen und zum Höhepunkt zu kommen. Irgendwie fühlt es sich an, als ob weitere Personen in unser Sexualleben eingedrungen wären, die unsere intime Zweisamkeit bedrohen. Gleichzeitig habe ich Angst, eine total veraltete Moralvorstellung zu haben, nicht aufgeschlossen genug zu sein und mich nicht wie eine normale junge Frau zu verhalten. Bin ich konservativ oder sind meine Ängste und Befürchtungen nachvollziehbar?

Antwort von Doktor Sex

Liebe Dania

Ich kann deine Bedenken und die damit verbundenen Emotionen sehr gut nachvollziehen. Und ich denke, viele Leserinnen und Leser können das auch – ganz sicher die doch recht zahlreichen Frauen, die mir ähnliche Fragen stellen.

Pornografie ist eine Realität. Massenhaft werden Filme und Bilder mit expliziten Inhalten produziert, ins Netz gestellt und konsumiert. Angesichts der Flut von Material und der kinderleichten Zugänglichkeit, ist man mittlerweile versucht, das Ganze als unabänderlich und darum "normal" zu bezeichnen. Insbesondere manche Männer neigen zu dieser Sichtweise.

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Es macht wenig Sinn, über explizite Darstellungen von Sexualität auf der Ebene der Werte diskutieren zu wollen, weil man über Moral bekanntlich nicht streiten kann. Und weil solche Streitgespräche sehr schnell vom eigentlichen Thema ablenken: der Frage nämlich, unter welchen Umständen, bei wem und wie solche Darstellungen wirken.

Dass pornografische Darstellungen eine Wirkung haben, und zwar nicht nur bei der konsumierenden Person, sondern auch in deren Umfeld und in der Gesellschaft, ist unbestreitbar. Je nach Rolle, kann diese Wirkung verschieden sein. Während es für deinen Freund – wie übrigens für viele Männer – einfach um kalte Lustbefriedigung geht, fühlst du dich – wie übrigens viele Frauen – emotional betroffen. Statt dir diesen Konflikt aber ganz bewusst zu machen und mit deinem Partner in einen Dialog einzutreten, beginnst du, an dir selber zu zweifeln und verhedderst dich in Selbstgesprächen.

Ich denke, es ist wichtig, deinen Freund mit dem zu konfrontieren, was sein Pornokonsum bei dir auslöst. Und dich nicht abspeisen zu lassen von Aussagen wie "das tun doch alle Männer". Wichtig scheint mir aber auch, dass ihr im Gespräch beide kritisch die je individuellen Werthaltungen überprüft. Dass ihr euch also bewusst macht, welche Prägungen euren Haltungen zugrunde liegen und wo ihr andere für euch denken lässt. So werdet ihr vielleicht nach und nach zu einem neuen, anderen Umgang mit Pornografie finden.

(wer)