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"Moonlight": Heldentat im Randgruppenkino

Heute Redaktion
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Das Wichtigste vorweg: Gut und mutig ist es, das Drama, das bei den diesjährigen Academy Awards mit leichter Verzögerung zum besten Film gekürt wurde. "Moonlight" erzählt die Lebensgeschichte eines afroamerikanischen, homosexuellen Mannes, der in einem von Armut und Drogenmissbrauch geprägten Viertel Miamis aufwächst.

Das Wichtigste vorweg: Gut und mutig ist es, das Drama, das bei den diesjährigen .

Die Information, ein Film beruhe auf wahren Begebenheiten, wird meist in Umlauf gebracht (oder als Schriftzug in die Anfangscredits eingebaut), um die Intensität des Gezeigten zu steigern. Nicht bloß eine Geschichte, sondern das echte Leben, meine Damen und Herren! "Moonlight" ist so ein Fall. Das Oscar-prämierte Drama basiert auf den Erlebnissen von Tarell Alvin McCraney, der seine Kindheit und Jugend in einem (nie aufgeführten) Theaterstück niederschrieb. Barry Jenkins verfilmte es nun fürs Kino.

Wir, das Publikum, wissen also: Hauptfigur Chiron ist das Leinwand-Alter-Ego von McCraney - eine nettes Detail am Rande, für uns aber insofern unerheblich, als dass "Moonlight" keinen "True Story"-Anker nötig hat. Neben der visuellen Wucht von Jenkins' Bildkompositionen und den durch die Bank grandiosen Darstellern ist das nämlich die größte Stärke des Dramas: Keine Sekunde zweifeln wir daran, dass das präsentierte Einzelschicksal, selbst wenn es frei erfunden wäre, sich genau so zigtausendfach im echten Leben abspielen könnte. "Moonlight" verdient sich daher nicht nur Applaus dafür, eine Randgruppe innerhalb der Randgruppe (arm, schwul, schwarz) ins Rampenlicht zu rücken, sondern auch für seine einfühlsame, realitätsnahe Umsetzung.

Toll, aber nicht weltbewegend

Das alles klingt nicht von ungefähr nach einem würdigen "Best Picture"-Gewinner. "Moonlight" vereint alle cineastischen Suchtmittel, denen die Academy nicht widerstehen kann und verzichtet (Achtung, kleiner SPOILER) Oscar-tauglich auf den expliziten Homosex, der im lebensechten Drama ja praktisch schon vorausgesetzt wird (man erinnere sich beispielsweise an "Blau ist eine warme Farbe").

Dabei übersieht man schon mal leicht, dass "Moonlight" in Aufbau und Struktur klare Mängel aufweist. Die Geschichte wird klassisch in drei Akten erzählt. Jeder für sich ist hervorragend gelungen, in Kombination funktionieren sie weniger gut. Als kleiner Junge (Alex Hibbert) flüchtet der wegen seiner Andersartigkeit (die noch nicht das Label "schwul" trägt) gemobbte Chiron von seiner drogensüchtigen Mutter (großartig: ). Im nächsten Akt ist besagter Dealer von der Bildfläche verschwunden. Chiron (Ashton Sanders) ist mittlerweile ein Teenager und spielt für seine Mitschüler immer noch den Punchingball. Im finalen Part dann die große Wende: Chiron (Trevante Rhodes) hat es selbst zum muskelbepackten Dealer geschafft, dem man besser nicht blöd kommen sollte.

Die Zwischentöne fehlen völlig. Chirons Entwicklung macht zwar Sinn, lässt gegen Ende aber jene packende Eindringlichkeit vermissen, die anfangs immer wieder aufflackert. Einige der interessantesten Stellen werden nur in Teilsätzen nacherzählt; mal wieder ein Theater-Kniff, der sich in dieser Form nicht fürs Kino eignet. "Moonlight", ist ein gutes, ein mutiges und wichtiges Drama mit grandiosen Darstellern, aber kein vom Hocker reißendes Meisterwerk.

"Moonlight" startet am 10. März in den österreichischen Kinos.

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