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"Saving Mr. Banks": Mary Poppins trifft Walt Disney

Heute Redaktion
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Kinder brauchen Märchen, Erwachsene manchmal ebenso. Die zauberhafte Geschichte der Mary Poppins, die sich aufmacht, eine Familie zu retten, hat bis heute Millionen begeistert. Nicht zuletzt auch wegen der berühmten Disney-Verfilmung, um dessen holprige Entstehung es in Saving Mr. Banks geht. Zumindest vordergründig. Denn eigentlich geht es um sehr viel mehr in diesem bittersüßen Melodrama, das die Hassliebe zu Walt Disney greifbarer denn je macht.

Kinder brauchen Märchen, Erwachsene manchmal ebenso. Die zauberhafte Geschichte der Mary Poppins, die sich aufmacht, eine Familie zu retten, hat bis heute Millionen begeistert. Nicht zuletzt auch wegen der berühmten Disney-Verfilmung, um dessen holprige Entstehung es in "Saving Mr. Banks" geht. Zumindest vordergründig. Denn eigentlich geht es um sehr viel mehr in diesem bittersüßen Melodrama, das die Hassliebe zu Walt Disney greifbarer denn je macht.

Die Autorin P. L. Travers (großartig besetzt mit der zweifachen Oscar-Gewinnerin ) sitzt an ihrem Londoner Schreibtisch und wehrt sich gegen sämtliche Versuche eines gewissen Walt Disney, der seit Jahren nach den Filmrechten zu Travers Bucherfolg "Mary Poppins" greift. Schließlich, wir schreiben das Jahr 1961, ist Miss Travers in finanzieller Bredouille - der Geldsegen für die Buchrechte käme da nicht ungelegen. Also willigt sie ein, verlangt aber vollständige kreative Kontrolle über das Projekt.

Keine Cartoons

) bestätigen Travers Bedenken, ihr Lebenswerk werde in Disneys Händen hoffnungslos verkitscht.

Doch nicht mit Travers: Sie geigt dem großen Walt Disney (  ) die Meinung, ändert genüsslich das Drehbuch und verachtet die amerikanische Mentalität mit Leidenschaft. Mit der Engländerin und dem Amerikaner treffen zwei Fronten aufeinander, die sich in der gemeinsamen Arbeit noch verhärten. Der unnachgiebige Herr Disney überredet Frau Travers zwar nach und nach, Kompromisse einzugehen, um die Geschichte familientauglicher zu machen, doch mit einer Cartoon-Idee geht er zu weit. Travers will die Rechte zurückziehen.

Kindheit und Seele

), den sie verehrt. Doch so hingebungsvoll und witzig der Mann als Vater auch ist, als Mensch versagt er zunehmend und versinkt im Alkohol. Das kleine Mädchen wird sich die Schuld dafür geben. Und sich nicht verzeihen.

"Enttäuschungen sind der Seele, was der Sturm für den Himmel ist", sagt Miss Travers am Telefon, nachdem sie eine persönliche Disneyland-Einladung abgeschlagen hat. In diesem Zitat, hier bloß zynisch gemeint, steckt die gesamte Wahrheit des Films: Durch die neuerliche Aufarbeitung des "Mary Poppins"-Stoffes wird die so gefasst wirkende Autorin mit den Enttäuschungen ihrer Kindheit konfrontiert und muss sich bald mehr Schwäche eingestehen als es der stolzen Britin lieb ist.

Disney bleibt Disney

Dass Schuldgefühle Tumore sind, die nagen und wachsen, bis sie die Seele zerstören, das demonstriert Emma Thompson auf eindrucksvolle Art und Weise. Allein wegen dem Schauspiel der sympathischen Engländerin und des nicht minder glänzenden Tom Hanks lohnt sich der Kinobesuch. Dass trotz der belasteten Vergangenheit und Travers verbitterter Sturheit am Ende alles gut ausgehen wird und sich Autorin und Mickey Maus-Erfinder doch noch vertragen, das versteht sich von selbst. Schließlich ist "Saving Mr. Banks" selbst ein Disney-Film.

Und hierin besteht gleichzeitig die Stärke wie auch die Schwäche des Films. Als ein Disney-Film, der die Entstehung eines Disney-Films nachskizziert, zeigt der Riesenkonzern, dass er sich einerseits auch selbst hinterfragen kann und die Person Walt Disney über weite Strecken sehr kritisch beäugt. Auf der anderen Seite leidet die Inszenierung der Geschichte unter der melodramatischen Inszenierung, die eben jenen unsäglichen Disney-Kitsch auszeichnet, der mit der Faust auf die Tränendrüse drückt. Doch das ist nun mal Disney.