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"Seit 14 Jahren komme ich nicht zum Orgasmus!"

Bei der Selbstbefriedigung kommt Anna problemlos zum Höhepunkt. Mit ihrem Mann schaffte sie dies aber bisher nur gerade zweimal. Wie weiter?

Heute Redaktion
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Bild: Wesley Quinn/Unsplash

Frage von Anna (48) an Doktor Sex: Ich bin seit 14 Jahren mit meinem Mann zusammen. Wir haben im Schnitt einmal in der Woche zusammen Sex. In der ganzen Zeit hatte ich erst zweimal einen Orgasmus. Wenn ich mich selber befriedige, geht es jedoch immer. Aber mit meinem Mann bin ich irgendwie gehemmt und blockiert. Ich kann mich einfach nicht gehen lassen. Ich habe gerne Sex mit meinem Mann und dieser erregt mich auch sehr. Wir haben schon manches versucht, auch oral oder per Stimulation von Hand. Doch es geht einfach nicht. Was kann ich tun, um meine Hemmungen zu verlieren, über meinen Schatten zu springen und im Kopf endlich loszulassen?

Antwort von Doktor Sex

Liebe Anna

Rigide Moralvorstellungen und die daraus sich ergebenden Hemmungen sind häufig das Resultat einer einengenden und die Freiheiten des Kindes stark begrenzenden Erziehung. Im Laufe der Zeit werden die von den Eltern vorgegebenen und mit Drohungen und Sanktionen durchgesetzten Wertvorstellungen vom Kind verinnerlicht und nach und nach als seine eigenen erlebt. Dadurch können sie sich nachhaltig auf das Verhalten und damit auch auf die Beziehungen zur Welt und zu den Mitmenschen auswirken. Oft wird den betroffenen Personen erst im Erwachsenenalter bewusst – nicht selten nach längerem Leiden – dass ihre aus der Kindheit stammenden Konditionierungen sie daran hindern, ein selbstbestimmtes Leben zu führen.

Ich nehme an, dass es solche unbewusst übernommenen Wertvorstellungen sind, die dich beim Sex daran hindern, ganz loszulassen und in deine Körperempfindungen einzutauchen.

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Der von dir in deiner Frage erwähnte Begriff des Schattens wurde, in einer etwas anderen Form, vom Schweizer Psychiater Carl Gustav Jung zur Bezeichnung der negativen, sozial unerwünschten und daher unterdrückten Züge der Persönlichkeit verwendet. Also jene Teile des Ichs, die nicht an die in der Familie oder Gesellschaft herrschenden Werte und Normen anschlussfähig sind und daher ins Unbewusste abgeschoben werden. Statt diesen Schatten aber zu überspringen, riet Jung zur Integration desselben in die Gesamtpersönlichkeit – also dazu, sich dieser Inhalte bewusst zu werden und so ein Stück mehr Ganzheit zu erreichen. Ich denke, dieser Prozess könnte auch für dich hilfreich sein.

Falls du Zugang zu deinen Träumen hast und auch für eine Form von Spiritualität offen bist, die über die von den Leitreligionen vermittelte hinausgeht, könntest du versuchen, diesen Weg mit der Begleitung einer in Jung'scher Traumanalyse ausgebildeten Fachperson zu gehen. Andernfalls kannst du dich selbstverständlich auch an eine Therapeutin oder einen Therapeuten einer anderen Fachrichtung wenden und so versuchen, den Werten und Normen auf die Spur zu kommen, die dich möglicherweise daran hindern, deine Sexualität umfassend zu leben.

Ich verzichte bewusst darauf, dir praktische Tipps zu geben, weil ich davon ausgehe, dass du in den vergangenen 14 Jahren auf der Handlungsebene wohl so ziemlich alles ausprobiert hast, was zu einem Orgasmus beim Sex mit deinem Partner führen könnte. Mehr von etwas zu tun, was nicht innerhalb einer sinnvollen Frist zum Erfolg geführt hat, und zu hoffen, dass es dann irgendeinmal schon klappen wird, wenn man sich nur lange genug Mühe gibt, halte ich für sinnlos.

(wer)

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