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"Snowpiercer": Starbesetzte Sci-Fi-Parabel

Heute Redaktion
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Bild: Thimfilm

Dass globale Erwärmung die Welt ins gegenteilige Extrem führen kann, wollte uns schon Roland Emmerich mit "The Day After Tomorrow" erklären. Wo sein Versuch jedoch im lauwarmen Blockbusterwasser dahinplätscherte, setzt der koreanische Starregisseur Bong Joon Ho auf eiskalte Kompromisslosigkeit und präsentiert mit "Snowpiercer" eine apocalyptische, enorm temporeiche Sci-Fi-Zugfahrt, die es durchaus mit Genreklassikern aufnehmen kann.

Dass globale Erwärmung die Welt ins gegenteilige Extrem führen kann, wollte uns schon mit "The Day After Tomorrow" erklären. Wo sein Versuch jedoch im lauwarmen Blockbusterwasser dahinplätscherte, setzt der koreanische Starregisseur Bong Joon-Ho auf eiskalte Kompromisslosigkeit und präsentiert mit "Snowpiercer" eine apocalyptische, enorm temporeiche Sci-Fi-Zugfahrt, die es durchaus mit Genreklassikern aufnehmen kann.

2014 erfährt die Erde eine globale Katastrophe, welche unseren Planeten zurück in die Eiszeit versetzt. Innerhalb kürzester Zeit wird die Menschheit dahingerafft, die wenigen, nicht erfrorenen Überlebenden retten sich in einen Zug, der niemals hält. Wer es sich leisten kann, genießt einen Platz in der ersten Klasse, inklusive Sauna, Kultur und frischem Sushi. Wer es sich nicht leisten kann, muss sich ins Zugende quetschen und um seine Existenz zittern.

Revolution im Zug

) stürzen und eine Revolution im Zug starten.

Mit Hilfe des rekrutierten Sicherheitschefs Namgoong (der koreanische Superstar Song Kang-Ho) gelingt es der rebellischen Unterschicht, sich im Zug nach vorn zu hangeln. Doch Wilfords Verbündete unter Kommando von Ministerin Mason (Oscar-Preisträgerin in bizarrer Optik) wollen die aufkeimende Revolte gleich wieder zerschlagen. Curtis und seinen Freunden steht ein Kampf bevor, von Zugabteil zu Zugabteil. Je weiter sie kommen, desto gnadenloser fällt die Gegenwehr aus.

Gegen das Image

) zur Führung zu verhelfen. Denn Curtis selbst fühlt sich nicht als Anführer. Warum, erfahren wir zuletzt. Erst nach und nach präsentiert uns Regisseur Bong Joon-Ho Bruchstücke aus einer schockierenden Vergangenheit, die Curtis' zerrissene Seele offenbaren.

Mit Chris Evans hat man sich dabei für eine durchaus riskante Besetzung entschieden, doch der strahlende "Captain America" spielt hier so leidenschaftlich gegen sein Image an, dass man ihm seine Rolle jederzeit abnimmt. Zudem trägt Evans seinen Teil dazu bei, dass "Snowpiercer" in der letzten halben Stunde zu einem der intensivsten Filmerlebnisse jüngster Zeit mutiert.

Vom Comic zum Film

Bereits 2006 fand Regisseur Joon-Ho zufällig eine französische Graphic Novel mit dem deutschen Titel "Schneekreuzer", in der das Überleben in naher Zukunft nur noch im Zug möglich ist. Der koreanische Filmemacher zeigte sich fasziniert von der Story und adaptierte sie für ein eigenständiges Sci-Fi-Epos, das den Zug als Parabel für die menschliche Gesellschaft definiert. Damit gelingt ihm eine geniale Verbildlichung des Zweiklassensystems, in dem die Mittellosen am Zugende verhungern, während die reiche Elite an der Zugspitze im Luxus lebt.

"Snowpiercer" reiht sich nahtlos ein in die Liste von gesellschaftskritischen Science-Fiction-Meilensteinen, angefangen bei Fritz Langs Stummfilmklassiker "Metropolis", über die filmische Selbstzerfleischung "Soylent Green", bis hin zur jüngsten Apartheidsmetapher "District 9". Inszenatorisch findet Joon-Ho hierbei seinen ganz eigenen Rhythmus und verbindet actionreiche Kampfchoreografie mit emotionalen Zwischentönen, so packend und durchdacht wie man es im heutigen Hollywoodkino selten findet.

Brutal, spannend, außergewöhnlich und visuell herausragend bahnt sich "Snowpiercer" den Weg ins Gedächtnis des Publikums. Dort hallt er noch lange nach, wie das Brausen eines Zuges.