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"System versagt" – 25 Jahre Erfahrung, kein Job

Esmaeil Ghalamdoust ist 2013 aus dem Iran emigriert. Trotz guter Ausbildung schwindet die Hoffnung auf eine Arbeit in Österreich.

Heute Redaktion
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In Österreich Fuß zu fassen ist schwer, berichtet Esmaeil G.  die Hoffnung auf eine Arbeit schwindet.
In Österreich Fuß zu fassen ist schwer, berichtet Esmaeil G. die Hoffnung auf eine Arbeit schwindet.
Bild: privat

Der Anteil der Arbeitslosen in Österreich sinkt, vor allem ältere Menschen und Ausländer sind finden aber nach wie vor nur schwer eine Stelle. Langzeitarbeitslosigkeit geht oft mit Hoffnungslosigkeit, familiären Problemen und Sinnverlust einher. Ein Iraner, der 2013 mit seiner Frau und seiner Tochter nach Österreich emigrierte, berichtet.

Herr G., wie war ihr Leben im Iran, bevor Sie ausgewandert sind?

Ich bin 1968 in Teheran geboren. Wie alle Menschen bin ich dort herangewachsen, in die Schule gegangen, habe studiert und schließlich geheiratet und eine Tochter bekommen. Ich habe etwa 25 Jahre als Buchhalter und Finanzmanager gearbeitet. Meine Karriere lief gut.

Warum haben Sie sich also entschlossen, nach Österreich zu kommen?

Während des Kriegs mit dem Irak war ich Soldat. Deswegen musste ich die Uni unterbrechen und in den Krieg ziehen. Danach versuchte ich, fertig zu studieren. Es wurde im Iran aber immer schwieriger, ein normales Leben zu führen.

Da meine Schwestern in den USA leben, wollten wir schließlich bei ihnen neu anfangen. Dazu war einiges an Papierkram zu erledigen. Österreich sollte nur eine Zwischenstation sein, aber am Schluss wurde es zu unserem Heimatland. Denn der Mann, der unseren Neuanfang in den USA organisieren sollte, verschwand mit unseren Pässen und unserem Geld.

Wie waren die ersten Monate in Österreich?

Das Wetter war sehr kalt und wir hatten hier weder Angehörige, noch Geld. Wir waren als Gäste gekommen und hatten nicht geplant, zu bleiben. Wir wurden völlig überrascht, es war eine schlimme Situation. Meine Frau hat eine Herzkrankheit und meine Tochter war nur 13 Jahre alt – ich habe mir große Sorgen um sie gemacht.

Wie haben Sie die Suche nach einer Arbeit in Österreich erlebt?

Ich wusste, dass wir unbedingt Deutsch lernen mussten, um einen Job zu finden. Aber wir hatten keine Möglichkeit, regelmäßig zu einem Kurs zu gehen. Wir waren drei Personen und hatten lediglich einen Laptop, kein Internet. Mit dem Sozialgeld von 440 Euro pro Monat mussten wir alles finanzieren. Wir lebten zuerst in Kärnten, beschlossen dann aber, nach Wien zu kommen.

Hier versuchte ich, einen Job im Finanzbereich zu finden. Ich habe mich bei verschiedenen Firmen beworben, aber ohne Erfolg. Ich hatte den Eindruck, dass die Organisation in Österreich ganz schlecht ist. Viele Menschen, die beim AMS als Berater arbeiten, möchten nur ihre Zeit absitzen und haben kein Interesse, etwas Geeignetes zu vermitteln. Wenn ich als Experte meine 25 Jahre Berufserfahrung nicht benutzen kann, hat das System ein Problem.

Was sind Ihre Träume für die Zukunft?

Meine Erfahrung ist mein Kapital – aber man hat nur einmal die Chance, in dieser Welt zu leben. Seit sechs Jahren bin ich jetzt in Österreich und zuerst war es mein Ziel, eine Arbeit im Finanzbereich zu finden. Mittlerweile ist mir schon egal, welchen Job – ich möchte einfach arbeiten. (cty)

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