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"Tatort": Der böse Bernie war's, nicht der Terrorist

Wenn der große Terror die kleine Familienfehde aufpeppt – dann ist der Überraschungsmoment gesichert. Spannender Krimi, fragliches Lehrstück.

Heute Redaktion
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Ein Terrorakt ist ein verkappter Raub ist eine banale Familienfehde – aber am Ende halt doch wieder irgendwie ein Terrorakt ("Ich bring euch alle um, ihr Christenschweine"). Über diese Spielwiese für Superbullen tollt in gewohnt verhaltensauffälliger Manier einer, der ohnehin schon alles verloren hat. Frau, Kind, Ansehen. Wenig verwunderlich, dass Kommissar Faber (Jörg Hartmann) da auch keine Angst mehr hat.

Dschihadisten im Visier

Wie ein treues Hündchen harrt er unbeirrt an der Seite des mit (falschem) Sprengstoffgürtel bewaffneten, zum Islam konvertierten und dauerüberweisenden Bankers Muhammad Hövermann (Felix Vörtler) aus – die Millionen zu so früher Stunde in den Äther zu schießen, war natürlich nicht seine eigene Idee, sondern die der Bösen. Auch in diesem Fall geht's (zumindest augenscheinlich) um Dschihadisten, die, wenn Muhammed nicht spurt, das Knöpfchen drücken.

Best-Buddy, böser Bulle, Psychologe

Faber tangiert das wenig. Er hat ja sonst nichts zu tun und lässt, wie man es von einem guten Cop erwartet, derweil alle Facetten seiner Persönlichkeiten aus dem Sack: Best-Buddy, böser Bulle, Psychologe. Wie bei einer gut geführten Familienaufstellung bringt er die hochschwangere "Schleierfrau" und den tief gefallenen Sohnemann aus erster Ehe ans Fenster. Letzterer, der Bernie, ist der eigentliche Schuft. Um seine an die Wand gefahrene Computerfirma vor dem Konkurs zu bewahren, knöpft ausgerechnet er Papa die Kohle ab. Da hakt's jetzt aber ein bisschen. Kaum zu glauben, dass der weichgespülte Bub so ein Tamtam zustande kriegt, mit gefaktem Sprengstoffgürtel, unter falschem Vorwand angeworbenen Radikalen und all dem organisatorischen Schnickschnack.

Guter Moslem, böser Moslem

Und so bekommt der Krimifan, während in der Bank Konversation in allen Stimmlagen betrieben wird, so auch noch ein Lehrstück in Sachen "Guter Moslem, böser Moslem" geboten. Achja, und den Christen, der seinen Papa arg vermisst, gibt's da ja auch noch. Nicht unspannend, dieser Exkurs, aber unglaublich plakativ. Auch, weil Faber und den verbalen Textmarker schwingt: "Die eine sprengen sich für Allah in die Luft, die anderen meinen, das hat mit Allah nichts zu tun. Entscheidet euch, verdammt nochmal, das nervt!"

Aus für Cop Kossik

Für Co-Ermittler Daniel Kossik – er wird beim Versuch, Hövermanns Ziehtochter zu retten, an einem Nebenschauplatz angeschossen – war das der letzte Fall. Schließlich hat der Schauspieler Stefan Konarske schon vor einiger Zeit seinen Ausstieg angekündigt, ihn zieht's nach Paris. Seine Ermittlerfigur wiederum heuert beim LKA in Düsseldorf an. Dass er es mit seinen Verletzungen dorthin schafft, bleibt abzuwarten.

Terror diktiert TV-Programm

Ob die Verschiebung des Dortmunder Falls "Sturm" nach den Anschlägen in Berlin am 19.12.2016 (radikale Islamisten zweckentfremdeten wie in "Sturm" einen Kleinlaster und rasten in den Weihnachtsmarkt) vom Neujahrstag auf Ostermontag zwingend nötig war, ist fraglich. Ob der Terror das TV-Programm diktieren soll, umso mehr. Denn dazwischen war der Anschlag auf den BVB-Bus. Und das nächste Mal wird leider etwas anderes sein.

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