Szene

"Tulpenfieber": Kostüm-Romanze ohne Bösewicht

Alicia Vikander und Dane DeHaan setzen Christoph Waltz die Hörner auf. Cara Delevingne mischt am Rande auch noch mit.

Heute Redaktion
Teilen

Anfang des siebzehnten Jahrhunderts bricht in Amsterdam die Tulpenmanie aus. Geschäftsmänner spekulieren mit seltenen Arten der Zierpflanze und kaufen Tulpenzwiebel um horrende Preise. Cornelis Sandvoort (Christoph Waltz) beteiligt sich nicht an der Blumenbörse, sondern kauft sich um sein Geld lieber eine junge Frau aus dem Waisenhaus. Sophia (Alicia Vikander) soll ihm einen Erben gebären, deshalb ist der eheliche Beischlaf Nacht für Nacht Pflicht. Das Mädel hadert mit ihrem Schicksal, ist Cornelis aber auch dankbar dafür, sie vor einem Leben in Armut gerettet zu haben. Entsprechend groß sind ihre Gewissensbisse, als sie sich in den Maler Jan Van Loos (Dane DeHaan) verliebt und eine leidenschaftliche Affäre mit ihm beginnt.

Sophias Dienstmädchen Maria (Holliday Grainger) hat inzwischen ganz andere Probleme. Um Geld für eine gemeinsame Zukunft aufzutreiben, hat ihr Liebster, der Fischhändler William (Jack O'Connell), all sein Geld in ein Tulpenbeet investiert. Als man darin eine äußerst wertvolle Pflanze entdeckt, wird William über Nacht zum reichen Mann. Doch die Prostituierte Annetje (Cara Delevingne) erleichtert ihn um seinen Geldbeutel, und die Marine zwangsrekrutiert den Bestohlenen. Ein denkbar schlechter Zeitpunkt, um spurlos zu verschwinden, hat Maria doch gerade entdeckt, dass sie schwanger ist.

Der kleine Soldat

Richtig in Fahrt kommt "Tulpenfieber" leider zu keinem Zeitpunkt, und das obwohl der Film vor allem im ersten Akt nicht an (jugendfreien) Sexszenen spart. Dem Mix aus romantischem Drama und Kostümfilm fehlt eindeutig der Bösewicht. Waltz' Cornelis mag zu Grauslichkeiten neigen - etwa wenn er seinen Penis den "kleinen Soldaten" nennt und als Vorspiel in seinen Nachttopf uriniert - grausam und gewaltbereit zeigt sich die Figur jedoch nie. Sympathisch ist sie nicht gerade, aber eben auch kein Monster.

Der Bösewicht fehlt

Dieser Versuch, auf Schwarz-Weiß-Malerei zu verzichten und einen vielschichtigen, lebensnahen Charakter zu erschaffen, ist zwar lobenswert, der klassischen Romanze fehlt aber ein ebenso klassischer Schurke: durchtrieben, böse, hassenswert. Delevingnes Annetje kommt einem echten Bösewicht noch am nähesten, hat aber eine so geringe Screentime, das man sich fragen muss, warum die Mini-Rolle mit dem Jungstar besetzt wurde. Als dritte weibliche Hauptfigur neben Sophia und Maria wäre sie besser aufgehoben gewesen.

So sind es eine schlagkräftige Äbtissin (Judi Dench) und der Comic-Relief-Charakter Dr. Sorgh (Tom Hollander), die für die besten Szenen von "Tulpenfieber" sorgen. Da neben dem abhanden gekommenen Schurken auch der interessanteste Teil des Plots, die Blumenbörse, sträflich vernachlässigt wird, eignet sich der Film nur für eingeschworene Fans von Kostümfilmromanzen... oder von Alicia Vikander, die abwechselnd Frust, Scham und Begierde über ihr Gesicht huschen lässt und ihr schauspielerisches Talent somit zumindest andeuten darf.

"Tulpenfieber" startet am 24. August 2017 in den österreichischen Kinos. (lfd)