Politik

"Unser Land ist nicht kinderfreundlich"

Heute Redaktion
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Österreich ist konservativ und kinderfeindlich, junge Menschen leben in einer Fantasiewelt: Beim Besuch im Heute- Newsroom sprach Frauen- und Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SP) sehr offen und persönlich über ihre Weltsicht. Die Fragen stellten Stefan Knoll und Erich Nuler.

Heute: Haben Sie die Töchter-Hymne bereits gesungen?

Gabriele Heinisch-Hosek: "Ich singe sie seit Jahren, allerdings ohne 'und' dazwischen - (singt) ... Heimat großer Töchter, Söhne."

Was haben Frauen davon, außer ein bisschen Symbolik?

"Ich halte Symbole für sehr wichtig. Aber natürlich bleibt die Einkommensschere zwischen Männern und Frauen mein Thema Nummer eins. Hier setzen wir kleine, aber umso wichtigere Schritte. Wir müssen verfestigte Rollenbilder aufarbeiten. Das braucht Zeit."

Gerade bei jungen Menschen gibt's wieder einen Trend zu alten Rollenmustern.

"Diesen Trend sehe ich auch. Ich glaube, dass junge Menschen ein großes Bedürfnis nach Geborgenheit haben. Und dann stellt man sich etwas vor, was nicht existiert. Nehmen Sie nur diese TV-Serien über Teenager-Schwangerschaften. Das ist ja nicht die echte Welt."

Ist es falsch, wenn eine Mutter zu Hause beim Kind bleiben will?

"Wenn eine Frau das will, soll sie es machen. Es kann aber passieren, dass sie später mit einer Durchschnittspension von 880 Euro brutto ganz alleine dasteht. Für Frauen, die sich für Kinder entscheiden, soll beides möglich sein: Beruf und Familie. Hierzulande wird das noch differenziert gesehen."

Ist Österreich konservativer als andere Länder?

"Ich glaube schon, dass wir ein sehr konservatives Land sind. Ich halte uns auch nicht für sehr kinderfreundlich. Ich habe lange mit Kindern gearbeitet, und wenn ich auf der Straße beobachte, wie mit kleinen Kindern umgegangen wird, dann schockiert mich das. Kinder sind kein Besitz. So werden sie aber oft behandelt. Genauso konservativ ist unser Familienbild. Das besteht heute nicht mehr nur aus Mutter, Vater, Kind und Ehe. Beziehungen sind viel bunter, ob gleichgeschlechtlich, heterosexuell, mit und ohne Kindern. Hier glaube ich aber, dass die Gesellschaft weiter ist als die Politik."

"Echte Männer gehen in Karenz", haben Sie einst propagiert. Sind es mehr geworden?

"Insgesamt haben wir 5 Prozent Beteiligung. Aber bei den beiden Kurzvarianten liegen wir bei 8,9 und 11 Prozent. Hier hat sich der Väter-Anteil mehr als verdoppelt."

Die meisten Eltern wählen aber die 3-jährige Langvariante.

"Die würde ich auch gerne streichen. Aber das kann ich erst machen, wenn genügend Kinderbetreuungsplätze zur Verfügung stehen. Kinder gehören für mich so früh wie möglich in eine Bildungseinrichtung."

So will sie bei Beamten sparen

Die Frauenministerin ist auch für Beamte zuständig - dort ortet sie Sparpotenzial für 2012: "Der öffentliche Dienst wird wie alle Bereiche einen Beitrag leisten müssen. Ein Bienniensprung (automatischer Gehaltssprung von 3,6 % alle 2 Jahre, Anm.) kostet 360 Millionen Euro. Ob man hier kürzen kann, müssen wir noch verhandeln."

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