„Unternehmen stehen im starken internationalen Wettb...

Gregor Winkelmayr, Rechtsanwalt und Gründer des International Trade Lawyers' Network, im Interview.
Heute Redaktion
13.09.2021, 23:23

"Heute": Warum unterstützen Sie „We Start UP"? Warum ist Ihnen die Start-up-Szene ein Anliegen?

Winkelmayr: "Einerseits einfach weil mich die unterschiedlichen Ideen und Projekte interessieren und mir auch neue Denkanstöße geben. Andererseits weil ich selbst noch weiß, wie aufregend – in mehrerer Hinsicht – der Start ins Unternehmertum war und ich hier gerne, wo es mir möglich ist, Hilfestellung gebe. Hinzu kommt, dass ich immer schon, wenn ich Möglichkeiten erkenne, vermittelnd oder eröffnend tätig bin, wenn ich sehe, dass es einen beiderseitigen Nutzen oder wechselseitige Interessen gibt."

"Heute": Sie haben das „International Trade Lawyers' Network" gegründet und sind auch international tätig – wo sehen Sie Besonderheiten im österreichischen Umfeld für Start-ups bzw. junge Unternehmen?

Winkelmayr: "Das Wirtschaftsumfeld ist einerseits durch den gemeinsamen Markt und andererseits historisch sowie durch die Größe Österreichs bedingt noch mehr durch internationale Geschäftsbeziehungen geprägt als bei anderen Ländern. Ich sehe daher weniger ein österreichisches Umfeld, sondern eher österreichische Rahmenbedingungen und ein europäisches oder internationales Umfeld. Die Unternehmen stehen im starken internationalen Wettbewerb. Gründerfreundlichere Rahmenbedingungen wären daher sicher auch für den Staat nicht nachteilig. Der Aspekt der Internationalität sollte jedenfalls von Anfang an berücksichtigt werden, um sich nicht um Chancen zu bringen, und das beginnt zB schon bei der Homepagegestaltung, der Werbung und den Vertragsausgestaltungen."

"Heute": Wie kreuzen Start-ups Ihren beruflichen Weg?

Winkelmayr: "Hauptsächlich im Zusammenhang mit Beratungsleistungen betreffend die Wahl der Gesellschaftsform und bei Gesellschaftsgründungen. In weiterer Folge bei der Überprüfung und dem Entwurf von Verträgen, den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, bei Fragestellungen zu den rechtlichen Rahmenbedingungen und der Ausgestaltung der Organisation, Struktur und wechselseitigen Rechte und Pflichten im Gesellschafterverhältnis."



"Heute": Was war Ihre schwierigste Phase bei Ihrem beruflichen Start?

Winkelmayr: "Die ersten Wochen in denen ich die Behördenwege erledigen und die Start- sowie Strukturvoraussetzungen schaffen musste. Das ging aber trotz einiger Überraschungen relativ zügig."



"Heute": Leiten Sie daraus einen Rat für Jungunternehmer ab? Gibt es einen Fehler, den Sie häufig bei österreichischen Start-ups beobachten?


Winkelmayr: "Als Grundregel gilt, dass eine gute und realistische Planung das Fundament für unternehmerischen Erfolg ist. Risikobereitschaft und Mut sind wichtig und ein wesentlicher Faktor für Erfolg und Innovation. Jedoch sollte das Risiko kalkulierbar sein und Mut nicht zu wirtschaftlich unvertretbaren Entscheidungen führen. Oftmals werden in der Euphorie über das eigene bez. gemeinsame Projekt oder die Ideenverwirklichung die Chancen zu optimistisch eingeschätzt. Man darf durchaus auf das best-case-Szenario hoffen, jedoch sollte man insbesondere zu Beginn mit dem worst-case-Szenario planen. Weiters ist es wichtig von Anfang an die wechselseitigen Rechte und Pflichten zwischen den Gesellschaftern oder Partnern zu regeln und klare Regeln aufzustellen, solange die Partner noch miteinander reden können. Ohne ausreichende Liquidität des Start-ups und der Gesellschafter/Partner kann es schnell zum Projektende oder Streit kommen, weshalb auch hier eine realistische Planung gefragt ist."

"Heute": Sie formulieren für sich den Anspruch, juristische Arbeit mit unternehmerischem Denken zu kombinieren. Wünschen Sie sich das auch vermehrt vom österreichischen Gesetzgeber?

Winkelmayr: "Ja, sogar sehr. Auch wenn den entsprechenden Arbeitskreisen immer Experten beigezogen werden, entsteht oftmals der Eindruck, dass Praktikern wenig Gehör geschenkt wird. Was in der Theorie gut klingt oder öffentlichkeitswirksam verkauft werden kann, muss nicht zwangsläufig praxistauglich sein und verursacht oftmals Mehraufwand und damit Mehrkosten, da die Zusammenhänge einfach nicht verstanden oder berücksichtigt werden. Der kleinste gemeinsame Nenner ist kein erstrebenswertes Ergebnis. Auch hier gilt wie bei Streitigkeiten: Nicht jede Lösung nur der Lösung wegen ist wirtschaftlich sinnvoll. Vielmehr sollte vom wirtschaftlich Sinnvollen ausgehend eine Lösung gefunden werden."

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