"Verfehlte Ziele nicht als Scheitern ansehen!"

Heute Redaktion
13.09.2021, 23:28

Rainer Brinskele ist Rechtsanwalt und unter anderem auf die Beratung von Start-ups spezialisiert. Das Interview über klare Strukturen, Österreich als Hub und wertvolles Scheitern.

"Heute": Sie arbeiten regelmäßig mit Start-ups, was empfinden Sie aktuell als die größten Stolpersteine für Jungunternehmer?



Brinskele: "Ein häufiger Stolperstein für Jungunternehmer befindet sich aus meiner Erfahrung häufig im Bereich der Struktur und Organisation. Viele Ideen werden aus einem Brainstorming unter Freunden, Uni- oder Arbeitskollegen geboren und oft über einen langen Zeitraum diskutiert und ausgereift ohne dabei bereits in diesem Stadium die Kompetenzen der einzelnen Gründer klar zu definieren oder schriftliche Aufzeichnungen über die Meetings zu machen. Ohne eine klare Aufgabenverteilung ist ein Wachstum gerade unter Freunden und Bekannten schwierig, zumal die Mitwirkung und das Commitment der einzelnen Gründer oftmals sehr unterschiedlich ausfällt und sich daraus schnell eine negative Dynamik entwickeln kann. Weitere klassische Stolpersteine sehe ich in der Ressourcenverwendung sowie der eigenen Wahrnehmung des Unternehmenswertes im Vergleich zum tatsächlich – häufig weit darunter liegenden – Marktwert."

"Heute": Wie ist die Stimmung in der österreichischen Start-up-Szene?



Brinskele: "Die Stimmung in der österreichischen Start-up Szene ist nach wie vor sehr gut und die Voraussetzungen für Start-ups vor allem in Wien haben sich in den letzten Jahren stark verbessert und Österreich sohin auch international zu einem interessanten Start-up Platz gemacht. Vom Investitionsvolumen besteht hingegen im internationalen Vergleich noch deutlich Luft nach oben."



"Heute": Haben Sie über Ihr internationales Netzwerk eine Vergleichsmöglichkeit: Gibt es klassische Charakteristika österreichischer Start-ups?



Brinskele: "Ein typisches Charakteristika österreichischer Start-Ups ist, dass die Mittelbeschaffung nach wie vor Großteils über klassische Finanzierungsformen wie Eigenkapital oder privat beschaffte Mittel (häufig auch aus dem Familienbereich) stattfindet. Im internationalen Vergleich ist der Anteil an alternativen Finanzierungsmöglichkeiten, wie zB. über Crowdfunding oder Mezzaninfinanzierungen deutlich höher als in Österreich."



"Heute": Gibt es einen Trend – sowohl was die Branchen-Ausrichtung als auch die strategische Herangehensweise heimischer Start-ups betrifft?



Brinskele: "Derzeit zeichnet sich auch in Österreich ein Trend zu Tech-Startups ab. Insbesondere in den Bereichen Künstliche Intelligenz, Cyber Security oder Machine Learning sind viele innovative Ideen in der Entwicklung. Daneben entwickelt sich auch der Bereich Green Startups rund um das Thema Nachhaltigkeit in Österreich in eine sehr gute Richtung."



"Heute": Mit welchen Leistungen unterstützen Sie Start-ups?



Brinskele: "Primär unterstütze ich Startups in sämtlichen rechtlichen Belangen von der (Vor-)Gründungsphase, über Expansionen und Finanzierungen bis hin zum Exit. Aufgrund der regelmäßigen Zusammenarbeit mit österreichischen Start-Ups kommt es darüber hinaus auch vor, dass ich Jungunternehmer aufgrund meines bestehenden Netzwerkes mit potentiellen Investoren oder Geschäftspartner sowie Förderstellen vernetze."



"Heute": Wenn Sie Jungunternehmern einen Tipp geben können – wie würde der lauten?




Brinskele: "Ein erfolgreiches Unternehmen zu etablieren ist nicht nur mit großen Herausforderungen verbunden sondern ebenso mit zahlreichen Rückschlägen. Mein Rat an alle Jungunternehmer ist es daher, aus den gemachten Fehlern zu lernen und verfehlte Ziele nicht als Scheitern anzusehen sondern als wertvolle Erfahrung auf dem Weg zum Erfolg."

Link (sb)

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