Österreich

„Vielleicht spiele ich in einer Bar Klavier"

Heute Redaktion
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Nach mehr als 16 Jahren als Bezirkschef von Neubau nimmt Thomas Blimlinger Abschied. Das "grüne Urgestein" blickte mit "Heute" zurück und sprach über Zukunftspläne.

Ein letztes Mal steigt der Neubauer Bezirksvorsteher Thomas Blimlinger auf sein Dienstfahrrad mit der Nummer "149", ab 1. Dezember wird er es gegen sein privates Fahrrad eintauschen. Im Mai 2001 wurde Blimlinger in Neubau als erster grüner Bezirksvorsteher Wiens angelobt. Danach folgte eine Erfolgsgeschichte, bei den Bezirksvertretungswahlen 2010 gaben ganze 45,4 Prozent der Neubauer dem grünen Bezirkschef Blimlinger ihre Stimme.

Nach sechzehneinhalb Jahren als Bezirksvorsteher des siebenten Bezirks nimmt Thomas Blimlinger Abschied und übergibt am Donnerstag, den 30. November das Amt an seinen Nachfolger Markus Reiter.

"Heute" traf Thomas Blimlinger zum Abschieds-Gespräch in seinem Büro im Neubauer Amtshaus in der Hermanngasse.

"Heute": Herr Blimlinger, mit welchem Gefühl verlassen Sie Ihren Job als Bezirksvorsteher?

Thomas Blimlinger: "Wehmütig ist man jedenfalls ein bisschen – nach sechzehneinhalb Jahren als Bezirksvorsteher. Insgesamt bin ich seit 25 Jahren politisch im Bezirk tätig. Auf der anderen Seite denke ich, dass es der richtige Zeitpunkt ist, jemand jüngeren nachfolgen zu lassen. Es ist auch eine bestimmte Erleichterung, wenn man geht und den Eindruck hat, man hat Dinge gut gemacht – und jemand anderen weitermachen zu lassen."

"Heute": Wann war klar, dass Markus Reiter Ihnen nachfolgen wird?"

Blimlinger: "Das wurde heuer im Frühjahr intern festgelegt und davor überlegt, wer das am besten kann. Man sieht auch bei anderen, dass es nicht immer üblich ist, dass es so friktionsfrei geht.

"Heute": Jetzt sind Sie seit 25 Jahren politisch im Bezirk tätig...

Blimlinger: Bezirksrat war ich seit 1991, zehn Jahre später, also 2001, bin ich Bezirksvorsteher geworden. Mich hat dann irritiert, dass ich auf der Liste bei der Dauer der Bezirksvorsteher schon der an dritter Stelle bin – nach Adi Tiller und Erich Hohenberger. Auch deshalb ist mir die Entscheidung dann leicht gefallen.

"Heute": Wenn Sie zurückblicken: Was waren die wichtigsten Projekte?

Blimlinger: Die Mariahilfer Straße war sicher das aufwändigste und längste. Das hat den Bezirk sehr verändert. Meine Befürchtung war, dass es mehr Verkehr für den Bezirk bringt – das hat sich aber nicht bewahrheitet. Es gibt rundherum weniger Verkehr. Und: Der ganze Bezirk ist Tempo 30 – mit Ausnahme der Busspuren.

Was mir wichtig war: Dass man alle Parks, die man hat, qualitativ verbessert. Das wurde eigentlich in allen Parks gemacht – bis auf den Johann-Strauß-Park, der heuer dran ist. Man muss schauen, was man heute in einem Park für die Nutzung braucht.

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"Heute": "Welche sind die wichtigsten Eigenschaften, die man als Bezirksvorsteher und in der Politik haben muss?"

Blimlinger: "Ich hatte sicher den Vorteil, dass ich im Bezirk geboren bin, hier in den Kindergarten und in die Schule gegangen bin und 20 Jahre die Trafik hatte. Dadurch weiß man viel und kennt viel im Bezirk. Man weiß über jedes Haus Bescheid, darüber, was dort früher war. Man ist aber immer darauf angewiesen, dass man ein Feedback von den Menschen hat. Wenn man auf einer Ebene mit den Leuten redet, haben sie das Gefühl, dass man auf ihre Sorgen eingeht.

Als ich 2001 Bezirksvorsteher geworden bin, haben mich die Leute gefragt, ob ich ein Auto habe. Jetzt habe ich seit zehn Jahren keines. Ich habe gedacht ich probiere es. Wenn man den Vorteil hat, dass man im siebenten Bezirk lebt und arbeitet, ist man ohne Auto besser dran. Es ist auch ein Gewinn, wenn man innerstädtisch kein Auto hat. Dieses Bewusstsein ist sicher gestiegen – und da habe ich sicher auch einen Anteil daran.

"Heute": "Sie sind mit einem Dienstfahrrad unterwegs..."



Blimlinger: "Ja, das hatte ich etwa zehn Jahre lang. Dienstfahrräder stehen vielen im Magistrat zur Verfügung. Da wäre viel mehr Werbung dafür notwendig, dass man das wirklich nutzt. Jetzt habe ich mir überlegt, ein E-Bike zu nehmen. Aber vorerst bleibt es bei meinem privaten Fahrrad.

"Heute": "Was machen Sie am 1. Dezember?"

Blimlinger: "Ich habe einen Termin im Amtshaus. Jetzt werde ich mich ein, zwei Monate erholen. Dann werde ich überlegen, wo meine Expertise als Berater in den verschiedensten Dingen gebraucht wird. Ich werde dafür eintreten, wofür ich die letzten Jahre eingetreten bin. Sein Wissen sollte man weitergeben können."

"Heute": "Welche Tipps geben Sie den Grünen?"

Blimlinger: "Man muss sich wirklich neu aufstellen. Die Strukturen müssen dringend geändert werden – etwa, wie die Entscheidungen für Personal zustande kommen. Ich habe den Eindruck, dass zu viele Grüne noch in ihrer eigenen Welt leben.

Es geht immer mehr um Einzelinteressen und weniger ums Ganze. Ich bin gemäßigt optimistisch. Ich hoffe, dass das dazu führt, dass die Grünen nicht nur als Idee weiterleben, sondern auch als Partei. Öffnen ist grundsätzlich gut. Dafür muss man die geeigneten Strukturen finden und Entscheidungen sachlich treffen.

Ich traue mich zu behaupten, dass es wenige oder gar niemanden bei den Grünen in so einer Funktion gibt, der so viel mit den Leuten nach außen spricht – ob das Bauträger, Schulen, Kinder sind. Da kriegt man viel darüber mit, was die Leute denken. Ich bin zwar ein Grüner, aber ich bin Bezirksvorsteher für alle. Da hat man einen ganz anderen Zugang zur Gesellschaft. Meine Vorwurf an die Grünen ist, dass sie sich viel zu sehr mit sich selbst beschäftigen. Statt stundenlangen Sitzungen müsste man mehr hinausgehen und mit den Menschen kommunizieren.

"Heute": "Würden Sie gern wieder als Trafikant arbeiten?"

Blimlinger: "Die Trafik musste ich damals verkaufen, weil Bezirksvorsteher ein Berufsverbot haben. Ich könnte mich jetzt bewerben, aber das mache ich nicht. 20 Jahre habe ich in der Trafik gearbeitet. Wenn es die berühmten 'Haschtrafiken' gibt, dann überlege ich es mir wieder. Das waren so die Bosheiten, als ich als Bezirksvorsteher angefangen habe..."

"Heute": "Ich habe gelesen, Sie spielen Klavier. Was wollen Sie als nächstes einstudieren?"

Blimlinger: "Mozartsonaten und Billy Joel spiele ich gerne. Aber das muss man üben. Das habe ich jetzt öfter vor. Vielleicht mache ich es so wie Billa-Gründer Karl Wlaschek und setze mich in die Bar und spiele."