Österreich

„Wenn es gegen den Bezirk geht, werden wir reden"

Heute Redaktion
Teilen
Am Mittwoch wird Saya Ahmad (SPÖ) als neue Bezirksvorsteherin im Alsergrund angelobt.
Am Mittwoch wird Saya Ahmad (SPÖ) als neue Bezirksvorsteherin im Alsergrund angelobt.
Bild: Denise Auer

Heute wird Saya Ahmad (34) als neue Bezirksvorsteherin angelobt. Im "Heute"-Interview spricht sie über ihre Pläne und wie der Alsergrund zum sozialen Vorzeigebeispiel werden soll.

Heute: Frau Bezirksvorsteherin, Sie haben bereits angekündigt, den Alsergrund zum "sozialen Vorzeigebezirk" machen zu wollen. Wie wollen Sie das erreichen?

Ahmad: Mir geht es darum, die Schwächsten unserer Gesellschaft zu unterstützen. Das wird auf mehreren Ebenen passieren. Zum einen will ich sicherstellen, dass es genügend leistbaren Wohnraum im Bezirk gibt, zum anderen will ich den sozialen Zusammenhalt stärken.

Gerade im Alsergrund ist da in den 27 Jahren, schon beginnend unter Alt-Bezirksvorsteher Hans Benke, sehr viel getan worden. Das Ergebnis ist, dass wir etwa mit "Change" eine Suchtberatungsstelle und einige Flüchtlingsunterkünfte im Bezirk haben und es trotzdem kein Tamtam gibt.

Heute: Woran, glauben Sie, liegt das?

Ahmad: An der Kommunikation. Daher habe ich mir zum Ziel gesetzt, regelmäßige Sprechstunden und auch Sozialsprechtage einzuführen. Beim ersteren will ich mit den Bewohnerinnen und Bewohnern das Gespräch suchen, beim zweiten will ich Menschen mit Unterstützung helfen.

Parallel dazu plane ich das Bezirksbudget für Soziales zu erhöhen. Damit sollen etwa gemeinnützige Vereine und Organisationen stärker unterstützen werden.

Heute: Dann muss der Bezirk an anderer Stelle einsparen. In welchem Bereich soll das geschehen?

Ahmad: Das müssen wir uns dann bei der Budgeterstellung ansehen.

Heute: Bürgermeister Michael Ludwig hat angekündigt, die Bezirke künftig enger in Entscheidungen einbeziehen zu wollen und auch selbst in den Grätzeln präsent sein zu wollen. Gibt es schon einen Termin für seinen Besuch im Alsergrund?

Ahmad: Nein, noch nicht. Ich lade ihn aber herzlich ein, bald dem 9. Bezirk einen Besuch abzustatten. Fest steht aber bereits, dass meine Grätzeltour im Juli startet. Ab da bin ich den ganzen Sommer lang im Bezirk unterwegs und besuche Klein- und Mittelbetriebe, Pfarren oder medizinische Einrichtungen. Zusätzlich werde ich in den Parks Station machen und freue mich auf spannende Gespräche mit den Alsergrunderinnen und Alsergrundern.

Heute: Der Alsergrund beherbergt mit den Althangründen eines der größten innerstädtischen Entwicklungsgebiete. Sie haben das Ergebnis des Architekturwettbewerbs als "akzeptabel" bezeichnet. Eigentlich müssten sie ja darüber jubeln, dass nun doch kein 126 Meter Turm kommt.

Ahmad: Ich bin erleichtert, dass das Ergebnis deutlich niedriger ausfällt, als theoretisch möglich gewesen wäre. Mir ist aber wichtig – und das ist die rote Linie – dass das Gebäude mit Leben gefüllt wird. Die Zustimmung des Bezirks zum Flächenwidmungsplan wird davon abhängen, ob unsere Forderungen erfüllt wurden. Konkret heißt das, die Hälfte der geplanten Wohnungen soll für geförderten Wohnbau genutzt werden.

Das und die vertragliche Sicherstellung von sozialer Infrastruktur wird meine erste große Amtshandlung als neue Bezirksvorsteherin sein.

Heute: Bei den Althangründen wurde die erste Flächenwidmung auch nach Protest des Bezirkes gestoppt. Wie weit kann oder muss eine Bezirksvorsteherin den Parteikollegen in der Stadtregierung widersprechen, wenn Entscheidungen gegen den Bezirk getroffen werden?

Ahmad: Mir ist es wichtig, eine gute Gesprächsbasis zu haben. Der Alsergrund hat eine hohe Lebensqualität, diese gilt es zu verteidigen und weiter auszubauen. Wenn also Entscheidungen gegen die Interessen des Bezirks getroffen werden sollen, werden wir noch darüber zu sprechen haben.

Bei den Althangründen heißt das, dass mir eine schöne architektonische Lösung zu wenig ist. Denn wenn hier nur Luxuswohnungen rein sollten, gäbe es von mir ein klares Nein.

Heute: Neben den Althangründen war auch immer wieder das Areal der ehemaligen Wirtschaftsuniversität und des ehemaligen Verkehrsamts am Lichtenwerderplatz in Diskussion. Gibt es hier schon Überlegungen zu einer Neunutzung?

Ahmad: Generell ist hier vieles denkbar. Es hängt aber daran, dass die Gebäude im Privatbesitz und auch teilweise noch bezogen sind. So sind im ehemaligen Verkehrsamt Einheiten der Wiener Polizei und des Bundeskriminalamts untergebracht. Die Gebäude der WU sind im Besitz der Bundesimmobilienges.m.b.H. und werden von Instituten der Universität Wien genutzt.

Ich führe aber gerne Gespräche, um mögliche künftige Nutzungen abzuklären. Dasselbe gilt im Übrigen auch für das Zaha Hadid-Haus am Donaukanal. Hier kann ich mir gut eine soziale Nutzung vorstellen. Ich werde mit dem Besitzer, der SEG das Gespräch suchen, um zu besprechen, was hier machbar ist.

Heute: Die FPÖ Alsergrund hat vor kurzem, ähnlich wie beim Praterstern, ein Alkoholverbot für den Julius Tandler-Platz gefordert. Die Verbotszone soll das Gebiet zwischen Nordbergstraße, Spittelauer Lände und Alserbachstraße, inklusive des Vorplatzes der U4-Station Friedensbrücke umfassen. Ist das für Sie denkbar?

Ahmad: Mir persönlich sind Unterstützung und der Ausbau von Sozialarbeit lieber als Verbote. Die Mitarbeiter leisten hier tolle Arbeit. Zudem wird bei der Entwicklung der Althangründen auch der Julius Tandler-Platz neugestaltet. Beim Praterstern haben wir eine andere Situation. Warten wir ab, wie das Pilotprojekt läuft und wie die Evaluierung ausfällt und reden wir dann weiter.

Heute: Im Zuge der Verwaltungsreform legt die Stadt Wien Magistratische Bezirksämter zusammen. Ab 2020 müssen die Alsergrunder dann zum Elterleinplatz in Hernals fahren. Droht hier eine Ausdünnung des Alsergrundes?

Ahmad: Dass die Stadt Synergien nutzt, ist an sich nichts Schlechtes. Ich bin froh, dass wir weiter eine Expositur (für Melde-, Pass, Fundservice und Parkpickerl, Anm.) im Bezirk haben werden. Entscheidend ist für mich, dass die Bewohner im Bezirk eine fixe Ansprechstelle zur Stadt haben.

Heute: In vielen Wiener Grätzeln bietet sich ein ähnliches Bild: Alteingesessene Geschäfte schließen, stattdessen gibt es dann auch engem Raum gleich mehrere Frisöre und Nagelstudios. Welche Möglichkeiten sehen Sie hier, dem entgegenzuwirken?

Ahmad: An sich sind mir zwei gutgehende Frisöre nebeneinander lieber als leerstehende Geschäfte. Aber Sie haben recht, es ist natürlich im Interesse des Bezirks, dass es ein gemischtes und breites Angebot gibt.

Auch hier ist die Kommunikation das Um und Auf. Ich kann mir vieles vorstellen, wie man diese Flächen nutzen kann, gerne auch temporär. Ich lade jeden, der hier Ideen hat, herzlich zu Gesprächen ein.

Heute: Der Alsergrund ist ihre politische Heimat, wohnen Sie auch hier?

Ahmad: Ich habe hier viele Jahre gewohnt, bin dann aber vor kurzem ins Sonnwendviertel nach Favoriten gezogen. Ich habe mich aber bereits für eine Wohnung hier angemeldet.

Heute: Haben Sie einen Lieblingsplatz im Bezirk?

Ahmad: Ja, gleich mehrere. Besonders mag ich es, durch das Servitenviertel zu schlendern. Auch den Sobieskiplatz besuche ich gerne, denn hier ist man inmitten der Stadt, aber dennoch in einer Ruheoase.

Heute: Was werden Sie direkt nach Ihrer Angelobung tun?

Ahmad (lacht): Ich werde mit meinem Team anstoßen und dann mit meiner kleinen Tochter nach Hause gehen.

(lok)