Politik

"Wer rot-weiß-rot denkt, muss europäisch handeln"

Heute Redaktion
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In zwei Wochen ist die EU-Wahl geschlagen. Die Parteien befinden sich im Wahlkampf-Finale. Auf "Heute.at" konnten Sie sich am Sonntag bei der ersten Elefantenrunde des Wahlkampfes ein Bild von allen neun Spitzenkandidaten machen. Die Listenersten diskutierten via Hangout miteinander. Neben dem Erfolg von Conchita Wurst waren klare Abgrenzungen zwischen den Parteien, der Schriftzug "Europäische Union" auf unseren Reisepässen, die Zukunft unserer Jugend oder die Finanztransaktionssteuer Themen der intensiven 90-minütigen Diskussion.

waren klare Abgrenzungen zwischen den Parteien, der Schriftzug "Europäische Union" auf unseren Reisepässen, die Zukunft unserer Jugend oder die Finanztransaktionssteuer Themen der intensiven 90-minütigen Diskussion.

. Angesichts des prognostiziert geringen Interesses ringen alle Parteien um Aufmerksamkeit. Jeder muss mobilisieren.

Nationale Themen wie der am Sonntag.

Während des eineinhalb Stunden dauernden Live-Talks gab "Heute" allen neun antretenden Parteien ausreichend Raum, mit Ideen und starken Ansagen für sich zu werben. Bis auf Robert Marschall von der Liste "EU Stop" haben alle Parteien in unterschiedlicher Art und Weise die Weiterentwicklung der Europäischen Union als Ziel.

"Europa mitgestalten"

Geht es nach den Meinungsforschern rittern sowohl in Österreich, als auch auf EU-Ebene Sozialdemokraten und Konservative um den Sieg. SPÖ-Spitzenkandidat Eugen Freund möchte "den notwendigen Kurswechsel in Europa mitgestalten." Sein ÖVP-Rivale Othmar Karas versuchte sich staatstragend zu präsentieren. "In 15 Jahren habe ich mir als EU-Politiker Kompetenz erarbeitet."

"Kompetenzen nach Österreich holen"

Die Grünen setzen klassisch auf Umweltthemen und sind laut Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek, die einzige Partei für "Energiewende und gesunde Lebensmittel, grüne Wirtschaft für junge Leute." Martin Ehrenhauser von "Europa anders" konzentriert sich auf die Beendung der "Zeit der Bankenrettung." Die NEOS sehen in Person von Angelika Mlinar einmal mehr die "Vereinigten Staaten von Europa".

Europakritisch präsentierten sich die FPÖ und die Rekos. FPÖ-Mann Harald Vilimsky will "Kompetenzen zurück nach Österreich holen", während Ewald Stadler von den Rekos meint, der Einzige zu sein "der wertkonservative Politik macht, die sich an den Zeitgeist anpasst."

"EU-Pfarrer Karas"

Hitzig wurde die Debatte, als "Heute"-Politikchef Erich Nuler die Frage aufwarf, ob der Schriftzug "Europäische Union" auf unseren Reisepässen verbleiben soll? "Wer rot-weiß-rot denkt, muss europäisch handeln", sagte etwa Karas dazu und erntete Spott von Vilimsky: "Das sagt der EU-Pfarrer Karas". Zuvor hatte der FPÖ-Kandidat selbst "rot-weiß-rot" gedacht. "Gegen die EU verwehrt sich grundsätzlich keiner. Es braucht aber eine vernünftige Kooperation mit der Union. Zwischen dem Zentralstaat EU und hochgezogenen Grenzen ist viel Platz", so Vilimsky.

Ob jemand tatsächlich etwas gegen einen Reisepass hat, auf dem "Europäische Union" draufsteht, bejahte nur Marschall mit "Ja". Keiner der Kandidaten will, dass "Republik Österreich" vom Pass verschwindet.

Wichtig ist für alle der Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit und bessere Angebote für junge Wähler ab 16 zu finden. Schließlich ist Österreich das erste und einzige EU-Land, in dem Bürger ab 16 bei der EU-Wahl stimmen dürfen. Dafür schieden sich bei der Umsetzung der Finanztransaktionssteuer wieder die Geister.

Gegen die Türkei, für Serbien

Ein weiteres Aufreger-Thema waren die Spesen der EU-Politiker. Wer etwa Business Class oder Economy nach Brüssel fliegt oder freiwillig auf zugestandene Abgeordneten-Privilegien verzichten will, wurde nicht restlos beantwortet.

In punkto EU-Erweiterung kristallisierte sich eine breite Mehrheit gegen die Türkei und für einen Beitritt Serbiens und der restlichen Balkanstaaten heraus, die eine Nähe zu Europa haben. Die EU als Friedensprojekt stellte nur Marschall in Frage.

"Arbeitslosigkeit und zu viel Bürokratie als Problem"

Am Ende war noch einmal Kreativität gefragt. "Heute" wollte wissen, welchen Aspekt die Politiker an der EU schätzen und welchen nicht. "Die Union ist das erfolgreichste Friedensprojekt der Welt. Das größte Problem ist aber die Arbeitslosigkeit und zu viel Bürokratie", sagte Karas. Eugen Freund meinte, dass "die Union als Friedensprojekt durch nichts zu ersetzen sei. Die EU mischt sich aber bei zu viel Kleinigkeiten ein."

Vilimsky "liebt die Vielfalt der unterschiedlichen Völker. Die EU dient aber zu stark den Interessen der Banken und Konzerne." Die Grüne Lunacek mag die "Reisefreiheit und die erkämpften Rechte für Frauen und Homosexuelle", ist aber "gegen das Freihandelsabkommen". Auch für Angelika Werthmann vom BZÖ sind das Friedensprojekt und die Reisefreiheit positiv zu sehen, der Bürger werde aber "zu viel bevormundet."

Mlinar fordert "mehr Transparenz und Bürgernähe", Stadler betont das "christliche Fundament Europas", Ehrenhauser fordert "mehr Demokratie" ein und für Marschall ist die Union "nicht für jeden Menschen da".

Die neun Listen, die bei der EU-Wahl antreten:


ÖVP: Othmar Karas, 56, mobilisiert VP-Basis. Ziel: Platz 1 halten
SPÖ: Eugen Freund, 62, will EU-Kritiker erreichen, Erster werden.
FPÖ: Harald Vilimsky, 47, soll auch gemäßigte Wähler überzeugen.
GRÜNE: Ulrike Lunacek, 56, will mit Öko-Themen vor den Neos landen.
NEOS: Angelika Mlinar, 43, setzt auf EU-Liebe, will Vierte werden.
REKOS: Ewald Stadler, 52, betet für noch mehr EU-Feindlichkeit.
BZÖ: Angelika Werthmann, 50, Listenerste nach Haider-Aus.
Europa Anders: Martin Ehrenhauser, 35: Schafft es sein Linksbündnis?
EU-Stop (EU-Austrittspartei): Robert Marschall