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"Wir dachten es donnert, doch es waren Steine"

Heute Redaktion
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Starke Regenfälle haben zu weiteren Murenabgängen in Bondo geführt. Zwei Personen mussten mit dem Helikopter gerettet werden, das Tal ist komplett abgeschnitten.

Ein weiterer Murgang im Bergell im Schweizer Kanton Graubünden hat am frühen Freitagmorgen die Kantonsstraße über den Malojapass zwischen Vicosoprano und Casaccia verschüttet. Die Fahrbahn ist auf einer Länge von mehreren hundert Metern mit Schlamm und Gestein übersät.

Ein Sprecher der Gemeinde Bregaglia sagte der Nachrichtenagentur sda auf Anfrage, verletzt worden sei bei dem erneuten Niedergang niemand. Der Erdrutsch gelangte wie vor rund einer Woche bis vor Bondo. Die Straße werde aber längere Zeit unpassierbar bleiben. Die Malojastraße war zuvor bereits zwischen Castasegna und Promontogno gesperrt worden.

Der Murgang hatte sich am Donnerstagabend um 21.30 Uhr während eines starken, halbstündigen Gewitters mit lauten Geräuschen angekündigt.

"Wir dachten es donnert, doch es waren Steine", schildert eine Anwohnerin ihren Eindruck des neuerlichen Murgangs in der Nacht gegenüber SRF. Christian Gartmann, Mediensprecher des Katastrophenstabs, bestätigte, dass es keine weiteren Verletzten gegeben hat.

Aus Bondo seien bereits alle Einwohner evakuiert worden. Im kleinen Ort Spino seien noch zwei Personen in einem Haus eingeschlossen gewesen. "Sie wurden noch noch vor Mitternacht in einer wilden Aktion mit dem Hubschrauber geborgen."

Im Moment sei das Ausmaß der neuen Murgänge noch nicht abzuschätzen, auch über zusätzliche Schäden kann noch nichts gesagt werden. "Wir gehen davon aus, dass dieser Murgang einer der größten, wenn nicht der größte der letzten Tage ist", sagt Gartmann gegenüber SRF.

Zudem zerstörte der Erdrutsch Stromleitungen in Promontogno, so dass das Licht ausfiel. Der Ort Promontogno liegt ebenfalls im Bereich des Bergsturzgebietes, auf einer leichten Anhöhe neben Bondo auf der linken Talseite.

Am Abend und in der Nacht standen rund 50 Einsatzkräfte im Einsatz, darunter Gebirgsspezialisten der Armee und Mitarbeiter des Elektrizitätswerks der Stadt Zürich.

Derweil wird fieberhaft im Auffangbecken vor Bondo gearbeitet. 16 Bagger waren laut Gartmann am Donnerstag pausenlos im Einsatz. Sie holten das angeschwemmte Material des letzten Murgangs aus dem Becken. Damit wird Platz geschaffen, sollte sich wieder ein Murgang aus dem Val Bondasca wälzen. Dies ist laut Rüegg jetzt geschehen: Das ausgebaggerte Becken sei wieder aufgefüllt.

Acht Tote beim ersten Bergsturz

Ein neuerlicher Bergsturz mit Murgang im italienischsprachigen Bergell war nach dem Ereignis vom Mittwoch letzter Woche erwartet worden. Am Grenzberg Piz Cengalo befanden sich 500.000 bis eine Million Kubikmeter Gestein in akuter Absturzgefahr. Die Wetterdienste hatten am Donnerstag große Regenmengen angekündigt.

Drei Millionen Kubikmeter Fels waren beim ersten großen Bergsturz am Mittwoch letzter Woche abgebrochen, als sich der Murgang danach ein erstes Mal bis vor Bondo ins Haupttal Bergell wälzte. Acht Berggänger – vier aus Deutschland und je zwei aus Österreich und der Schweiz – kamen wohl ums Leben.

Die Suche nach ihnen wurde eingestellt. Über das ganze Absturzgebiet, das nicht betreten werden darf, verhängten die Behörden ein Flugverbot, das auch für Drohnen gilt. (kfi/kaf/chk)