Österreich

"Wir hatten keine Schuss, keine Brand, keine Tote"

Heute Redaktion
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Die Fortsetzung des Rotlicht-Prozesses um Boss Richard St. und seine Mitbeschuldigten ging am Freitag schneller voran als erhofft. Weiter geht's am 3. Juli, wenn die Zeugen befragt werden. Am Freitag wurden die Beschuldigten befragt.

Die Fortsetzung des Rotlicht-Prozesses um Boss Richard St. und seine Mitbeschuldigten ging am Freitag schneller voran als erhofft. Weiter geht's am 3. Juli, wenn die Zeugen befragt werden. Am Freitag wurden die Beschuldigten befragt.

Den Vorwurf der Bildung bzw. Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, Freiheitsentziehung, schwere Nötigung, Erpressung, teils versuchte, teils vollendete absichtliche schwere Körperverletzung, Sachbeschädigung, Veruntreuung und betrügerische Krida, sehen die Beschuldigten ein wenig anders als der Staatsanwalt. Über den "Nokia-Club" bzw. Verein Freies Wien sollen St. und seine Mitbeschuldigten Schutzgelder von Rotlichtlokalen im Umfeld des Wiener Gürtels erpresst haben.

Richard St. und seine Mitbeschuldigten finden, der Verein Freies Wien sei als Nachbarschaftshilfe gedacht gewesen, für das die beteiligten Betriebe freiwillig zwischen 200 und 700 Euro gezahlt hätten. Etwa der Viertangeklagte Dusko R. alias "Rocky" am Donnerstag:"Wir hatten keinen Schuss, keinen Stich, keinen Brand, keine Tote"

Dass Helmuth Sch., ein früherer Geschäftspartner und Freund von Richard St., mittlerweile einer der Hauptbelastungszeugen, und andere behaupten, dass die Zahlungen vor allem Schutz vor dem Hauptangeklagten und seinen Leuten bedeutet haben, wies Richard St. wiederholt entschieden zurück. Es seien freiwillige Ausgaben für eine gemeinsame Security gewesen, nicht zuletzt, weil Albaner und Russen für Wirbel gesorgt hätten. "Wir hatten keinen Schuss, keinen Stich, keinen Brand, keine Tote", schilderte Richard St. die "goldene Zeit" des Systems. Alle hätten sich eine goldene Nase verdient. "Ich war aber Idealist", meinte er. Und wer nicht mehr gezahlt hat? "Dort sind wir nicht mehr hingegangen."

Keine Drogen, keine Gewalt gegen Frauen

Es hätten nur feste Prinzipien existiert unter seiner Ägide: "Bei Drogen und Gewalt gegen Frauen hat es kein Pardon gegeben", bekräftigte Richard St..

An Freitag meldete sich noch einmal der Sechstangeklagte Andreas B. zu dem Vorwurf zu Wort, er habe für seine früheren Chefs F. und A. in Ried im Innkreis ein konkurrierendes Ehepaar in dessen Wohnhaus überfallen und dabei die Frau mit einem Baseballschläger schwer verletzt. Er sei zum Zeitpunkt dieses Verbrechens in Rumänien gewesen. Nach Oberösterreich zu fahren, die Tat zu begehen, und zurück nach Timisoara zu fahren und dort einen Unfall zu bauen, wäre sich nie ausgegangen. Und er habe zu seinen Chefs, von denen nur der Auftrag gekommen sein könne, keinen Kontakt mehr: "Ich hatte mit der Ried-Partie nichts mehr zu tun."

Auffallend zurückhaltend zeigte sich in der ersten Verhandlungswoche Staatsanwältin Susanne Kerbl-Cortella. Sie will die Angeklagten erst befragen, wenn ab 3. Juni die ersten Zeugen gehört werden. Fraglich scheint nur, wer von den mehr als 100 Geladenen sich wirklich äußern wird. Gegen manche läuft selbst ein Verfahren, in dem sie sich selbst belasten könnten.

Für den 3. Juni ist die Einvernahme von Richard St.'s früherem Geschäftspartner Helmuth Sch. angesetzt. Außerdem hat der Verteidiger des Hauptangeklagten, Christian Werner, vor, in den kommenden Tagen einen Befangenheitsantrag gegen den Sachverständigen Gerhard Altenberger einzubringen. Ein Urteil soll es erst Mitte August geben.

APA/red.