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"Wir hatten schon fünf Jahre keinen Sex mehr"

Mireille lebt in einer erfüllenden Beziehung. Aber körperliche Begegnungen finden kaum noch statt. Wie kann das Feuer wieder entfacht werden?

Heute Redaktion
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Mireille lebt in einer erfüllenden Beziehung. Aber körperliche Begegnungen finden kaum noch statt. Die einzigen körperlichen Begegnungen sind die alltäglichen Küsse und Umarmungen.
Mireille lebt in einer erfüllenden Beziehung. Aber körperliche Begegnungen finden kaum noch statt. Die einzigen körperlichen Begegnungen sind die alltäglichen Küsse und Umarmungen.
Bild: iStock

Frage von Mireille (40) an Doktor Sex: Ich lebe seit neun Jahren mit meinem Mann zusammen. Er ist schön, intelligent, lustig, sportlich, kocht perfekt und hilft bei der Hausarbeit. Sexuell klappt es aber nicht. Es sind sicher schon fünf Jahre her, seit dem letzten Mal. Die einzigen körperlichen Begegnungen sind die alltäglichen Küsse und Umarmungen.

Er weiß, dass es besser wäre, wenn wir diese Mauer durchbrechen würden. Trotzdem unternimmt er nichts und wir bleiben in den Anfängen stecken. Ich mache oft Schritte auf ihn zu oder versuche, ihn zu verführen, zum Beispiel, indem ich ihm zeige, dass ich keine Unterwäsche trage. Er lächelt dann amüsiert – und das wars.

Ich ging noch nie fremd und glaube, dass auch mein Mann mich nie betrogen hat. Aber die Situation belastet mich zunehmend. Wir haben zwar den Willen aber es fehlt uns an Mut und Leidenschaft, um etwas zu ändern. Unsere Flamme scheint erloschen. Wie können wir das Feuer wieder entfachen?

Antwort von Doktor Sex

Liebe Mireille

Langjährige Beziehungen und prickelndes Begehren scheinen sich auszuschließen. Je intensiver sich das Sein von Menschen miteinander verwebt, desto gleichförmiger und leidenschaftsloser werden die sexuellen Begegnungen. Heißer Sex lebt jedoch von einer gewissen Fremdheit, vom Unbekannten – und von der Lust, dieses zu erforschen.

Nach einer gewissen Zeit ist aber kaum noch etwas unentdeckt am Gegenüber und man richtet sich daher gezwungenermaßen im Bekannten ein. Der Vorteil dabei ist, dass man weiß, wie man sich gegenseitig Vergnügen bereiten kann. Der Preis, den man für die Vertrautheit zahlt, ist die Leidenschaft: Sie bleibt auf der Strecke.

Deine Analogie mit dem Feuer impliziert, dass Lust entzündet und unter Einsatz eines "Brennstoffs" erhalten werden kann. Menschen funktionieren aber nicht und zeigen unter bestimmten Umständen – beim Feuer die Kombination von Brennstoff, Sauerstoff und Hitze – eine bestimmte Reaktion – beim Feuer die Flammen.

Zwar können zwei Personen willentlich die biologischen Reiz-Reaktionszyklen in Gang setzen. Dabei entsteht aber nicht automatisch, was sie das erotisch-sexuelle Zusammensein als befriedigend erleben lässt. Daran ändern auch Reizwäsche und andere Verführungskünste, Sextoys, Ratgeber oder Sexfilme nichts.

Umdenken tut Not! Das Problem der fehlenden Lust sowie die damit einhergehende Leidenschaftslosigkeit, die sich in Beziehung zwangsläufig einstellt, kann nur gelöst werden, indem die Prämissen verändert werden – indem Sex nicht länger als Handlung gedacht wird, die zwingend Leidenschaft und schier unstillbare Lust voraussetzt.

Selbstverständlich gehören solche Emotionen auch dazu. Jedoch ist diese Form der sexuellen Energie eher der jungen Beziehung und, biologisch betrachtet, dem jungen Menschen vorbehalten. Die Frage, was danach kommt und auch, was längerfristig gesehen befriedigenden Sex ausmachen könnte, wartet noch auf eine Antwort.

Solange im gesellschaftlich-fachliche Diskurs die Kompensationsfunktion nicht zur Kenntnis genommen wird, die der Sex heute erfüllt – beispielsweise bezüglich der ungestillten Sehnsucht, über den Konsum materieller Güter hinaus im Leben Sinn zu finden aber auch hinsichtlich der latenten Überforderung vieler Menschen, dürfte sich daran nichts ändern. Alles Gute!

Deine Frage an Doktor Sex: [email protected]