Österreich

Abschiebung, weil Afghane zu "gut integriert" ist

Heute Redaktion
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Der junge Afghane muss weiter auf eine endgültige Entscheidung warten.
Der junge Afghane muss weiter auf eine endgültige Entscheidung warten.
Bild: privat

Er flüchtete mit 15 aus einem vom Krieg zerrütteten Land, fand in Oberösterreich Freunde, ging zur Schule und macht eine Lehre. Nun aber lebt er in Angst.

Er war gerade einmal 15 Jahre alt, als er von Afghanistan nach Österreich flüchtete, weil seine Familie bedrohte wurde. Sein Vater wurde kurze Zeit später ermordet.

Heute, vier Jahre später, lebt Hamid (Name von der Redaktion geändert) im beschaulichen Innviertel. Der junge Mann (20) hat dort eine Familie gefunden, die ihm hilft. Er hat viele Freunde hier in Österreich, spielt beim örtlichen Fußballverein und hat einen Schulabschluss.

Hamid macht gerade eine Tischlerlehre

Gerade macht er eine Tischlerlehre, hat das zweite Lehrjahr in einem Betrieb erfolgreich abgeschlossen. Er spricht gut deutsch. Er ist, kann man sagen, ein Musterbeispiel für Integration.

Und dennoch darf er offenbar nicht bleiben. Weil ein Asylbegehren abgelehnt wurde, stellte er einen Antrag auf humanitäres Bleiberecht.

"Das wurde ihm zuerst zugesprochen und dann vier Monate später wieder entzogen", kann es eine Freundin, die ungenannt bleiben will, nicht fassen. Die Innviertlerin, die sich seit drei Jahren ehrenamtlich für junge Flüchtlinge einsetzt, ist eine mütterliche Freundin für Hamid.

Gericht: Er hat sich integriert, obwohl sein Verbleib unsicher war

Entschieden, dass er kein Anrecht auf humanitäres Bleiberecht hat, hat der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) – nachdem das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Einspruch gegen einen Entscheid des Bundesverwaltungsgericht eingelegt hatte. Das hatte nämlich zuvor die mustergültige Integration des Mannes gewürdigt und ihm deshalb ein humanitäres Bleiberecht zugebilligt.

Der Verwaltungsgerichtshof wollte das so nicht gelten lassen. Er meinte, der junge Mann habe sich gut integriert, obwohl er nicht wissen konnte, ob er überhaupt bleiben dürfe. Ein Schulabschluss und eine Lehre seinen nicht ausreichend für ein "öffentliches Interesse" am Verbleib des Mannes in Österreich. Heißt unterm Strich: Er hat sich zu früh zu gut integriert.

"Für uns brach Welt zusammen"

"Für ihn und auch für uns ist eine Welt zusammengebrochen. Wir waren tagelang in Schockstarre. Man kann sich gar nicht vorstellen, wie belastend das für alle ist. Vor allem für ihn, aber auch für uns und seine Freunde", erzählt die Freundin.

Doch Hamid will nicht aufgeben. Er geht weiter jeden Tag arbeiten, verdient sein eigenes Geld, lebt in einer eigenen kleinen Wohnung an seinem Arbeitsort.

"Er ist hier erwachsen geworden, hat sich sehr schnell hier eingelebt, vertritt die Werte, die hier gelebt werden. Eine Rückkehr nach Afghanistan ist für ihn undenkbar", so die Freundin.

Es bleibt die Hoffnung

Wie geht es jetzt weiter? Wird Hamid mit der Aberkennung des humanitären Bleiberechts automatisch abgeschoben? Vorerst einmal nicht. Der Fall geht jetzt zurück ans Bundesverwaltungsgericht. Das prüft nun erneut, ob er aus humanitären Gründen bleiben darf.

Allerdings: Der Grund, den das Bundesverwaltungsgericht schon einmal als Grund dafür angeführt hat, dass Hamid bleiben darf – nämlich seine gelungene Integration – der kann kein weiteres Mal berücksichtigt werden. Damit wird es nicht ganz einfach werden, ein humanitäres Bleiberecht zu begründen. Aber: Es ist auch nicht unmöglich.

Bis zur abschließenden Beurteilung wird es noch dauern. Bis dahin muss der 20-Jährige weiter hoffen und bangen, dass er zumindest seine Lehre noch hier abschließen darf und dann eventuell als ausgebildete Fachkraft in diesem Mangelberuf in Österreich arbeiten (und bei uns bleiben) darf. Quasi ein Plan B.

Anschober will rasche Lösung

Integrationslandesrat Rudi Anschober sieht den Fall von Hamid exemplarisch für die gesamte Situation: "Der aktuelle Fall ist ein dramatischer Beweis dafür, dass es endlich eine Lösung für die in Lehre befindlichen Asylwerber und -werberinnen braucht. Für diese Lösung kämpfe ich derzeit in Wien. Es darf nicht sein, dass bestens integrierte Lehrlinge während der Lehre aus dem Land geworfen werden. Mein Ziel ist eine Lösung bis Mitte Dezember."

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