Österreich

"Woanders wäre die Bank vor Gericht und nicht ich"

Heute Redaktion
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Angespannt war Johann Mayr bei seiner Vernehmung im Gerichtssaal. Die Untreue-Anklage im Zusammenhang mit dem millionenschweren Swap-Deal lastet schwer auf ihm. In einer Pause sprach "Heute" mit dem ehemaligen Linzer Finanzstadtrat (SPÖ).

Angespannt war Johann Mayr bei seiner Vernehmung im Gerichtssaal. Die Untreue-Anklage im lastet schwer auf ihm. In einer Pause sprach "Heute" mit dem ehemaligen Linzer Finanzstadtrat (SPÖ).

"Heute": Vom Gemeinderatssaal in den Gerichtssaal. Wie gehen Sie mit dieser ungewöhnlichen Situation um?

Johann Mayr: Ich habe ein ruhiges Gewissen und bin mir keiner Schuld bewusst. Ich habe nichts Falsches gemacht. Aber natürlich belastet mich die Situation. Mir wurde zuletzt sehr viel genommen. Ich hatte etwa ein Rückkehrrecht zur Gebietskrankenkasse, das wurde mir verwehrt. Wenn ich das geahnt hätte, wäre ich nie in die Politik gegangen.

"Heute": Hätten Sie sich nicht viel erspart, vielleicht sogar dieses Verfahren, wenn Sie früher die politische Verantwortung übernommen hätten und zurückgetreten wären?

Mayr: Nein! Ich habe meine ganze Kraft und Zeit in die Aufklärung der Sache gelegt. Außerdem: Was ist politische Verantwortung? Die wird ja von anderen Politikern, in deren Verantwortungsbereich gewisse Dinge passiert sind, auch nicht wahrgenommen..

"Heute": Sehen Sie sich also als Opfer in der Geschichte?

Mayr: Schauen Sie sich einmal in Europa um, wie da mit den Swap-Geschäften umgegangen wird. Wären wir in Deutschland, dann wäre jetzt die Bank vor Gericht und nicht ich. Dort lassen sich die Banken erst gar nicht auf einen Prozess ein, sondern versuchen, sich außergerichtlich zu einigen.

Was am Mittwoch im Gerichtssaal geschah? Seite 2!

Im Untreue-Prozess gegen den ehemaligen Linzer Finanzstadtrat Johann Mayr und Ex-Finanzdirektor Werner Penn im Zusammenhang mit der Swap-Affäre haben sich am Mittwoch Spitzenvertreter der Stadt die Klinke in die Hand gegeben. Neben Altbürgermeister Franz Dobusch (SPÖ) und dem früheren ÖVP-Vizebürgermeister Erich Watzl wurden auch teils hohe Beamte als Zeugen gehört.

Gemäß eines Gemeinderatsbeschlusses aus dem Jahr 2004 durfte die Finanz- und Vermögensverwaltung der Stadt Geschäfte zur Optimierung des Fremdfinanzierungsportfolios tätigen. Für Dobusch hätten diese aber "dem Geist des Beschlusses", also den Prinzipien der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit sowie der Marktüblichkeit entsprechen müssen. "Der Swap 4175 hat das sicher nicht" und sei daher auch nicht gedeckt gewesen.

"Vorgabe gab es nicht"

Dobusch gab sich überzeugt, dass das Geschäft von Mayr und Penn nicht durchschaut worden sei. Er hielt sich in seinen Aussagen an die offizielle Rechtsmeinung der Stadt im parallel laufenden Zivilprozess, wonach es ungültig sei. "Die Vorgabe war, die bestehende Situation zu verbessern, eine detailliertere Vorgabe gab es nicht", sagte hingegen Watzl.

Für seinen Geschmack war der Rahmen, der dem Finanzdirektor eingeräumt wurde, "recht groß". Der ÖVP-Politiker will erst im März 2011 erfahren haben, dass aus dem Deal eine größere Zahlung zu leisten sei - also ein Jahr, nachdem Mayr Dobusch informiert haben soll.

"Total überrascht"

Der damalige Leiter der Abteilung Haushalt und heutige Stadtkämmerer, Christian Schmid, berichtete, er habe mit "Unbehagen" das Unterschriftenverzeichnis für die Bank unterfertigt. Aber Penn habe ihm gesagt, es sei eine reine Formalität. Vom Swap sei er nicht informiert worden.

Erst im März 2010 habe er erfahren, dass es eine Schieflage in einem Euro-Franken-Geschäft gebe. Daraufhin habe er sich den Vertrag besorgt, sei auf fünf Mio. Euro Verlust gekommen und habe Mayr in Kenntnis gesetzt. Dieser habe entsetzt und "total überrascht" reagiert.

Er habe Penn gefragt, warum er das Geschäft allein unterfertigt habe, schilderte der Beamte. Dieser soll geantwortet haben, Schmid sei auf Urlaub und nicht erreichbar gewesen. Der Richter: "Und, waren Sie da auf Urlaub?" Antwort: "Nein." Ob Penn die Bewertung des Geschäfts seiner Ansicht nach verstanden habe? Nein, sie sei für ihn eine "Black Box" gewesen. Der Vorsitzende hakte nach: "Sie meinen ein schwarzes Loch?" "Ja."