Österreich

"Wünsche mir ein kleines Venedig am Wasser für Wien"

Heute Redaktion
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"Heute" sprach mit dem neuen ÖVP-Stadtrat Markus Wölbitsch (35) über Schwerpunkte, die er setzen will und über seine Lieblingsfußballmannschaft.

Als nicht amtsführender Stadtrat für die ÖVP und in dieser Funktion Nachfolger von Gernot Blümel wurde Markus Wölbitsch am Donnerstag angelobt. "Heute" sprach mit dem Hobby-Triathleten und -Weinbauern, der verlobt ist, über seine Ideen für Wien.

"Heute": "Herr Wölbitsch, was hat es mit der Schneekugel auf sich?" (hat eine Schneekugel vor sich stehen)



Markus Wölbitsch: "Die Schneekugel ist für mich Symbol dafür, wie in dieser Stadt Politik gemacht wird. Jedes Mal, wenn Probleme oder Herausforderungen auftauchen und angesprochen werden, nimmt Rot-Grün die Schneekugel, schüttelt sie ein bisschen – und dann wird der Blick auf das Wesentliche verdeckt.

Dann schaut man drauf und meint, eigentlich ist in Wien eh alles schön und in Ordnung. Das Problem ist nur, dass die Menschen nicht in der Schneekugel leben – sondern in der harten Realität rundherum. Sie sind dann mit Problemen wie Arbeitslosigkeit, Gangbetten, damit, einen Kindergartenplatz zu finden oder mit bürokratischen Hürden konfrontiert. All das findet in der echten Welt, außerhalb der Schneekugel statt. Wir fordern endlich Klartext für Wien: Es braucht kein rot-grünes Wohlfühlprogramm, sondern aktive Politik, die die Herausforderungen anspricht.

Es leben ja nicht nur Touristen in dieser Stadt, sondern viele Menschen, die hier ihren Alltag zu meistern haben, tagtäglich aufstehen, arbeiten gehen und mit ihren Steuern diese Stadt finanzieren. Für diese Menschen machen wir Politik."

 "Heute": "Gibt es etwas, das in Ihrem Büro nicht fehlen darf?"

Wölbitsch: "Ich bin ein Minimalist." 

Was dennoch im Büro am Schreibtisch liegt, ist ein Rapid-Schal (zeigt den grünen Schal her).

"Ich bin im Südwesten von Wien aufgewachsen und wurde dadurch geprägt, bin recht früh ins Stadion gegangen und großer Rapid-Fan."

"Heute": "Was sind die wichtigsten Schwerpunkte, die Sie als Stadtrat angehen wollen?"

Wölbitsch: "Ich war lange in einer Unternehmensberatung und bin erst in die Politik zurückgekommen, als mich Gernot Blümel gebeten hat, die ÖVP Wien neu aufzustellen. Ein wesentlicher Schwerpunkt sind für mich Unternehmer in Wien. Es gibt viele Infrastrukturprojekte, die zurzeit brachliegen – wie der Lobautunnel, die dritte Piste oder auch Tourismuszonen, die zu mehr Arbeitsplätzen führen würden.

Die Wiener Unternehmer leiden unter den bürokratischen Hürden. Wenn man mit ihnen spricht, merkt man, wenn sie Ideen haben, dann haben sie lange mit der Bürokratie zu kämpfen, bis sie alle Genehmigungen bekommen."

 "Heute": "Was ist Ihnen noch wichtig?"

 Wölbitsch: "Das ganze Thema Untersuchungsausschuss zum Krankenhaus Nord.  Hier sind mittlerweile 1,5 Milliarden Euro Steuergeld versunken. Da wollen wir wissen, was damit passiert ist und schauen, dass so etwas in Wien nicht mehr passieren kann.

Das Thema Stadtentwicklung liegt mir sehr am Herzen. Da gibt es in Wien viele Bereiche, wo es viel zu tun gibt. Der Handelskai ist zum Beispiel ein Schandfleck für Wien. In jeder anderen Großstadt ist das Wasser im Mittelpunkt und in Wien ist es ein trennendes Element. Da gibt es viele Möglichkeiten, um die Stadt auch entlang der Donau attraktiver zu machen."

 "Heute": "Zum Beispiel?"

 Wölbitsch: "Eine Hausbootszene zu entwickeln, Kanalsysteme zu schaffen, Leben am Wasser zu ermöglichen. Ich habe die Vision, ein kleines Venedig am Wasser zu entwickeln. Es hat immer wieder Vorschläge gegeben, wie man die Donau in die Stadtentwicklung integrieren kann, aber es ist wenig passiert.

 Eine Hausbootszene gibt es z.B. in Amsterdam oder San Francisco. Die Grundidee, den Donaukanal wiederzubeleben, war bereits vor Jahren eine Idee der ÖVP Wien."

 "Heute": "Gibt es ein Ziel für die nächste Wien-Wahl 2020?"

Wölbitsch: "Unser Landesparteiobmann hat das Ziel bereits definiert: '2020 20', also 20 Prozent. In den Umfragen sind wir davon nicht mehr allzu weit entfernt. Das bleibt unser Ziel für die Wahl. Wir sind auch die einzige Partei, die schon ihren Spitzenkandidaten für diese Wahl gekürt hat – Gernot Blümel hat klar gesagt, dass er Spitzenkandidat bleibt."

 "Heute": "Thema Wiener Mindestsicherung: Wie soll sie Ihrer Meinung nach aussehen?"

Wölbitsch: "Das wird für uns spannend. Wir wissen nicht, wie die SPÖ dazu steht, weil die beiden Kandidaten nicht Klartext sprechen. Wir geben in Wien bald eine Milliarde Euro für die Mindestsicherung aus. Was aus unserer Sicht wichtig ist: Mehr Sach-, als Geldleistungen, ein gewisser Deckel – das könnten 1.500 Euro sein. Alleine mit einer Wartefrist wird man das Problem der Wiener Mindestsicherung nicht in den Griff bekommen. 

In Wien bleibt die Diskrepanz ein Problem, – zwischen Arbeitern, Angestellten und Ehrenamtlichen, die jeden Tag zur Arbeit gehen und mit ihrem Steuergeld diese Stadt finanzieren und jenen, die mehr herausbekommen als sie eingezahlt haben. Da gibt es eine gefühlte Ungerechtigkeit. Ich glaube, die Mindestsicherung ist auch ein Instrument um zu schauen, dass die Solidarität zwischen jenen, die das System finanzieren und jenen, die Leistungen daraus beziehen, auch aufrecht bleibt."

 "Heute": "Thema Rauchverbot: Die Bundesregierung will es doch nicht, jetzt hat die ÖVP-Bezirksvorsteherin Veronika Mickel-Göttfert eine eigene Initiative für eine 'rauchfreie Josefstadt' gegründet. Was ist Ihre Meinung dazu, ist die ÖVP gespalten?"

Wölbitsch: "Es steht natürlich jedem frei, so eine Initiative zu gründen. Ich glaube, es ist kein Geheimnis, dass wir uns speziell beim Rauchen das Ergebnis in den Koalitionsverhandlungen nicht so gewünscht haben. Das ist ein Kompromiss. Uns war wichtig, dass die jetzige Nichtraucher-Regelung aufrecht bleibt bzw. dass es Verschärfungen beim Raucherschutz in Jugendbereichen gibt. Wir bekennen uns klar zum Nichtraucherschutz."

"Heute": "Gibt es unter den beiden Kandidaten für den SPÖ-Vorsitzenden einen Kandidaten, den Sie bevorzugen, gibt es Wünsche an den künftigen Bürgermeister?"

Wölbitsch: "Ich kann die beiden Kandidaten noch nicht so richtig einschätzen. Spannende Themen wie Mindestsicherung, Islamische Kindergärten und Infrastrukturprojekte sind noch offen. Mir ist aber jener Kandidat lieber, der die wichtigen Themen in Wien angehen und für Veränderung sorgen will. Wir haben vor einigen Tagen den Bürgermeister-Check unter www.buergermeister-check.at ins Leben gerufen – damit die Bevölkerung ihre Fragen stellen kann. Rund 200 Personen haben bereits ihre Fragen eingereicht."

 "Heute": "Sollen nicht amtsführende Stadträte in Zukunft abgeschafft werden?"

Wölbitsch: "Das Wichtigste sind für mich die Kontrollmöglichkeiten, die mit dieser Funktion verbunden sind. Wir haben jede Menge Problemfelder in Wien, bei denen es wichtig ist, einen Zugang zu den Informationen zu haben. Dass man Problemstellungen aufzeigen kann, ist das Wesentliche an dieser Funktion. Das ist eine Rolle, die ich auch ausfüllen möchte."

 

"Heute": "Würden Sie sich ein Ressort wünschen?"

Wölbitsch: "Ja, ich bin sofort bereit, ein inhaltliches Ressort zu übernehmen. Es gibt genug zu tun. Alles was standortpolitische und Wirtschaftsthemen betrifft, würde mich reizen." 

Was mir auch wichtig ist: Wir haben in Wien 16.000 Kinder mit Förderbedarf in Deutsch. Jetzt, nach dem Vorschlag von Minister Faßmann, Deutschklassen einzurichten, hat SPÖ-Stadtrat Czernohorszky gleich abgewunken. Das ist symptomatisch dafür, wie in Wien Politik gemacht wird. Das Konzept von Minister Faßmann gleich vom Tisch zu wischen, ist glaube ich mehr als unverantwortlich."

 "Heute": "Was haben Sie für Hobbys?"

Wölbitsch: "Ich bin Triathlet, gehe Schwimmen, Radfahren und Laufen. Ich bin auch gern in den Bergen und im Freien unterwegs, lese und reise sehr gerne. Außerdem beschäftige ich mich seit kurzem intensiv mit Weinbau."