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"Wurde delogiert, weil mein Ex-Mann Schulden hatte"

Heute Redaktion
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Die Wärmestube in der Apollogasse 19 (Neubau) ist am Mittwoch um 11 Uhr voll. "Heute" besuchte das "wieder wohnen"-Tageszentrum, traf Sandra, die im Winter ihre Tage hier verbringt.

Die Wärmestube in der Apollogasse 19 (Neubau) ist am Mittwoch um 11 Uhr voll. "Heute" besuchte das "wieder wohnen"-Tageszentrum, traf Sandra, die im Winter ihre Tage hier verbringt.
Wenn die Wärmestube um 9.30 Uhr aufsperrt, ist Sandra eine der ersten, die vor der Tür steht. "Ich bleibe den ganzen Tag", erzählt die 37-Jährige. Seit 20 Jahren lebt Sandra in Wien, ihre Eltern stammen aus Bosnien, sie selbst ist in Kärnten aufgewachsen. Im Juli 2016 verlor sie ihre Wohnung. "Mein Ex-Mann hatte Schulden. Ich wusste nicht, dass er keine Miete zahlt", sagt sie.

Seit etwa einem Jahr ist die ehemalige Lebensmittelverkäuferin arbeitslos. "Es gibt momentan nur Kellner-Jobs", sagt sie. Das Problem: Mit ihrem Lebensgefährten hat sie ein Zimmer in einem Übergangswohnhaus. "Dort müssen wir uns immer zwischen 17 und 22 Uhr melden. Als Kellnerin müsste ich auch nachts arbeiten. Das geht nicht, dann würden wir unser Dach überm Kopf verlieren."

Duschen, Plaudern, Waschen

Warum sie in die Wärmestube kommt? "Ich treffe hier Leute, die Betreuer sind lieb und helfen uns", erzählt Sandra. Jeder Platz ist besetzt, ein paar Herren spielen Schach, andere plaudern. Hier kann man auch duschen oder Wäsche waschen. Hygieneartikel und Duschgel werden zur Verfügung gestellt. In einem Ruheraum kann man ein paar Stunden schlafen. Einzige Voraussetzung: Die Männer und Frauen, die kommen, müssen 18 Jahre alt sein. Und: Wenn die Wärmestube mit 50 Personen voll besetzt ist, gibt es immer wieder Schließzeiten. Dann heißt es: später wiederkommen.

Stammkunden kommen öfter

Viele Klienten sind "Stammkunden". Zu ihnen gehört auch Andrei (30) aus Rumänien. Warum er hier ist? "Weil ich manchmal ein normales Leben haben will", sagt er. "Ich komme, weil ich keinen anderen Platz habe." Was ihn belastet: "Keiner hat mehr Zeit, alles geht schnell. Aber wir sind alle gemeinsam auf einem Planeten. Wien gehört genauso zu diesem Planeten wie Rumänien." Die Jobsuche in Wien ist schwierig. Andrei entwickelt gerade einen Algorithmus, sein Projekt heißt "The Cube". "Es steht erst am Anfang", sagt er.

Wenn es Essens-Spenden gibt, wird auch gekocht. "Das ist dann Luxus", sagt Brigitte Grulich, Leiterin der Wärmestube in der Apollogasse. "Wir sind zufrieden, wenn sich die Leute wohlfühlen." Neun Mitarbeiter arbeiten hier, fünf sind täglich im Einsatz. "Wir vermitteln an andere Stellen weiter", sagt Grulich.

Wärmestuben bis April offen

In der "wieder wohnen"-Wärmestube gibt's täglich von 9.30 bis 16.30 Uhr Tee, Kaffee und Brot. 50 Personen haben Platz. Bis 30. April hat das Tageszentrum geöffnet. Insgesamt betreibt "wieder wohnen" 25 Einrichtungen. Dazu gehören die Wärmestuben des Winterpakets genauso wie 2.434 Schlaf- und Wohnplätze, um Obdachlosen in Wien zu helfen. Koordiniert wird das Angebot der Wiener Wohnungslosenhilfe vom Fonds Soziales Wien (FSW). 2016 wurden rund 7.300 Menschen im Rahmen der Obdach- und Wohnungslosenhilfe betreut. 1.000 ehemals Obdachlose fanden durch die Betreuung eine eigene Wohnung.

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