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"Zuerst müssen Leichen weggeräumt werden"

Heute Redaktion
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Lässt auch keinen Fettnapf aus: Boris Johnson
Lässt auch keinen Fettnapf aus: Boris Johnson
Bild: Reuters

Boris Johnson sorgt für Empörung: Die libysche Küstenstadt Sirte könne ein attraktives Ziel für Touristen und Investoren sein, wäre da nicht eine "Unannehmlichkeit".

Der britische Außenminister Boris Johnson hat mit einer flapsigen Bemerkung über die Toten in Libyen für Empörung gesorgt.

Beim Parteitag der konservativen Tories am Dienstag in Manchester, sagte der Mann mit der einprägsamen Frisur, Libyen könne zu einem attraktiven Ziel für Touristen und Investoren werden – vorher müssten in der Küstenstadt Sirte aber erst "die Leichen weggeräumt werden".

Johnson berichtete seinen Parteifreunden über einen Besuch in Libyen im August. Seinen Angaben zufolge sind britische Unternehmen daran interessiert, in Sirte zu investieren. Die Heimatstadt des langjährigen Machthabers Muammar al-Ghadhafi war bis zur Rückeroberung durch Regierungstruppen im Dezember das letzte größere Gebiet in Libyen, das von der Jihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) kontrolliert worden war.

"Sie haben die großartige Vorstellung, aus Sirte das nächste Dubai zu machen", sagte Johnson, der von weißen Stränden, dem "wunderschönen Meer" und "genialen jungen Leuten" schwärmte. "Das einzige, was sie noch machen müssen, ist die Leichen wegzuräumen", fügte Johnson hinzu.

Die Schatten-Außenministerin der Labour-Partei, Emily Thornberry, kritisierte Johnson scharf. "Dass Boris Johnson diese Toten für einen Witz hält, für eine bloße Unannehmlichkeit, bevor britische Unternehmen die Stadt in einen Badeort verwandeln können, ist unglaublich krass, gefühllos und grausam", sagte Thornberry. Die Außenexpertin der Liberaldemokraten, Jo Swinson, forderte Premierministerin Theresa May auf, Johnson zu feuern. Seine "krasse und unsensible Bemerkung" zeige erneut, dass er seiner Aufgabe nicht gewachsen sei.

Demonstrationen zum Auftakt

Der viertägige Parteitag der britischen Konservativen wurde zeitweise von Protesten begleitet. Zum Auftakt am Sonntag gingen etwa 30.000 Menschen gegen den Brexit und den Sparkurs der Regierung auf die Straße.

Am Montag stürmten Demonstranten eine Veranstaltung mit dem erzkonservativen Abgeordneten Jacob Rees-Mogg, der als Liebling der Brexit-Anhänger gilt. Der gläubige Katholik, der sechs Kinder hat, lehnt Abtreibungen generell ab – auch nach Vergewaltigungen und bei Inzest. Er ist Klimaskeptiker, EU-Kritiker und hatte sich früher für einen Pakt mit der rechtspopulistischen Ukip ausgesprochen. (chk)