Österreich

1.100 Polizisten trennten die "Völkermord"-Demos

Heute Redaktion
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Nach dem offiziellen Statement Österreichs zum "Völkermord" an den Armeniern 1915 und der wütenden Reaktion Ankaras liegen die Nerven blank. Es drohen Wirtschaftssanktionen. Am Freitagabend demonstrierten Armenier gegen Türken in der Wiener Innenstadt. 1.100 Polizisten sorgten dafür, dass der Gedenk- und der Protest-Zug nicht aufeinandertrafen. Bis zum späten Abend blieb die Lage ruhig.

Nach dem Am Freitagabend demonstrierten Armenier gegen Türken und vice versa in der Wiener Innenstadt. 1.100 Polizisten sorgten dafür, dass der Gedenk- und der Protest-Zug nicht aufeinandertrafen. Bis zum späten Abend blieb die Lage ruhig.

Insgesamt 7.000 Menschen waren am Freitagabend auf die Straße gegangen, um des Völkermord an den Armeniern im Osmanischen Reich vor hundert Jahren zu gedenken. Auf den Seiten der pro-armenischen Demonstration waren 2.500, auf pro-türkischer Seite 4.500 Menschen auf der Straße, wie die Polizei Samstagfrüh mitteilte.

Nachdem sich rund 600 Personen gegen 18 Uhr im Resselpark versammelt hatten, wuchs der Gedenkzug "March for Justice" bis zur Abschlusskundgebung vor dem Parlament kontinuierlich an. Auf der Ringstraße entzündeten die Teilnehmer im stillen Gedenken Kerzen für die Opfer.

Fast zeitgleich startete ein Demonstrationszug am Westbahnhof, zu dem verschiedene türkische Plattformen und die AKP-nahe UETD Austria aufgerufen hatte, um auf die "Lüge des Völkermords" aufmerksam zu machen. Damit war die Anerkennung des Völkermords durch das österreichische Parlament gemeint, der die türkische Gesellschaft in "den Gefühlen verletzt", so die Veranstalter. Dieser Demozug, der lautstark bis zum Ballhausplatz zog, zählte letztlich rund 5.000 Teilnehmer.

Polizei-Großaufgebot trennte Kundgebungen

Dass alles ruhig blieb, war unter anderem der starken Polizeipräsenz zu verdanken. 1.100 Beamte begleiteten die Kundgebungen und marschierten schließlich zwischen den Abschlusskundgebungen auf, die in direkter Nähe zueinander stattfanden. Bis kurz vor Mitternacht wurden seitens der Einsatzkräfte weder Zwischenfälle, noch Anzeigen oder gar Festnahmen gemeldet.

Neben der Weigerung vieler Türken und auch der türkischen Regierung, das Massaker im Osmanischen Reich als Völkermord anzusehen, bleibt die Situation auch anderweitig gespannt. Durch die Erklärung des österreichischen Parlaments sieht die Türkei die Beziehungen zwischen den Ländern "dauerhaft beschädigt" und zog seinen Botschafter aus Wien ab. Im Raum stehen auch wirtschaftliche Sanktionen.

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Am Freitagabend werden drei Demonstrationszüge gegen den "armenischen Genozid" ab 18 Uhr zu Verzögerungen in der Innenstadt führen. Betroffen werden vor allem Ring, Zweierlinie und Alser Straße sein. Staus werden laut ÖAMTC nicht ausbleiben.

Der Plan der Armenier:


Demo anlässlich des 100sten Jahrestages des armenische Genozides: 18.00 Uhr im Resslpark, 19.30 Uhr Abmarsch vom Karlsplatz – Ring – Parlament. Schlusskundgebung 22.00 Uhr, erwartet werden 5000 Personen.
March for Justice: 18.00 Uhr Stephansplatz – Kärntnerstraße – Karlsplatz – Anschluss an die große Armenier-Demo, erwartet werden 300 Personen.


Der Plan der Türken:


Demo für die geschichtliche Wahrnehmung, dass kein armenischer Genozid stattgefunden hat: 19.00 Uhr Christian Broda Platz – Kaiserstraße – Blindengasse – Alserstraße – Univesitätsstraße – Herrengasse – Ballhausplatz. Schlusskundgebung 21.00 Uhr, erwartet werden mehrere Tausend Menschen. Derzeit leben rund 268.000 Menschen türkischen Ursprungs in Österreich, fast 115.000 haben die türkische Staatsbürgerschaft.

 

Im Zuge der Demonstrationen wird es zu zeitweiligen Sperren und Umleitungen entlang der Marschstrecken selbst und den umliegenden Straßenzügen kommen. "Die Polizei ist bemüht, die Sperren so kurz als möglich zu halten. Angesichts der vermutlich sehr hohen Teilnehmerzahl werden die Sperren allerdings länger dauern. Kilometerlange Staus und lange Verzögerungen werden im Zuge des Freitag-Abend-Verkehrs sicher nicht ausbleiben. Auch die Öffis sind von den Demonstrationen direkt betroffen. Die betroffenen Autobus-und Straßenbahnlinien werden angehalten beziehungsweise kurzgeführt oder umgeleitet", sagt ARBÖ-Verkehrsexperte Thomas Haider.

Das Zitat der österreichischen Klubobleute im Wortlaut:

"Aufgrund unserer historischen Verantwortung - die österreichisch-ungarische Monarchie war im Ersten Weltkrieg mit dem Osmanischen Reich verbündet - ist es unsere Pflicht, die schrecklichen Geschehnisse als Genozid anzuerkennen und zu verurteilen. [...] Ebenso ist es die Pflicht der Türkei, sich der ehrlichen Aufarbeitung dunkler und schmerzhafter Kapitel ihrer Vergangenheit zu stellen und die im Osmanischen Reich begangenen Verbrechen an den Armeniern als Genozid anzuerkennen".