Niederösterreich

Elf Jahre Haft für 18-Jährigen für Mordversuch an Vater

Der junge Salzburger hatte laut Anklage seinen Vater mit einem Holzstück geschlagen und versucht, ihn mit einer Antenne zu stechen.

Der Angeklagte am Gericht St. Pölten
Der Angeklagte am Gericht St. Pölten
SOPHIA KILLINGER / APA / picturedesk.com

Wegen Mordversuchs an seinem Vater ist ein 18-Jähriger am Montag in St. Pölten vor einem Schwurgericht gestanden. Dem Salzburger Schüler wurde angelastet, den Mann heuer am 7. März im Bezirk Melk mit einem Holzstück geschlagen zu haben. Zudem soll er versucht haben, seinem Vater Stiche mit einer Autoantenne zuzufügen und ihn zu erwürgen. Das Opfer konnte sich befreien und flüchten. Der 18-Jährige bekannte sich nicht schuldig.

Der Angeklagte hatte nach der Trennung seiner Eltern mit seiner Mutter im Bezirk Hallein gelebt und die Maturaklasse eines Gymnasiums besucht. Mit seinem auf einem Hof im Bezirk Melk lebenden Vater hatte der 18-Jährige im ersten Lebensjahrzehnt keinen und danach wenig Kontakt gehabt.

"Er hatte die Absicht, seinen Vater zu töten - er hat es in seinem Tagebuch und bei der Attacke angekündigt", sagte die Vertreterin der Anklagebehörde am Landesgericht St. Pölten über den Beschuldigten. "Er hat Pläne geschmiedet, eine Cannabisplantage hochzuziehen und Welpen zu züchten", so die Staatsanwältin. Laut Tatplan habe der junge Erwachsene "seinen Vater ermorden müssen, um den Hof zu übernehmen". Der 18-Jährige bestritt das: "Nach der Matura habe ich mir vorgestellt, dass ich einen zweiten Wohnsitz bei ihm habe." Er habe gemeinsam mit dem Vater auf dem Hof leben wollen.

Joint geraucht

Der Angeklagte wollte den 51-Jährigen laut seiner Aussage besuchen, "um ihn über mein Leben aufzuklären", etwa über schulische Probleme und seinen Drogenkonsum. Als er am 6. März vom Bahnhof abgeholt worden war, war die "Stimmung sehr gedrückt", schilderte der 18-Jährige. Am nächsten Tag hatte er auf seine Bitte hin vom Vater ein rund 90 Zentimeter langes Holzstück bekommen, um einen Messergriff zu basteln. Nach dem Frühstück war der Vater einkaufen gefahren, der Sohn hatte inzwischen einen Joint geraucht.

Bei seiner Rückkehr habe der Vater "völlig unmittelbar und unerwartet mit voller Wucht" einen Schlag bekommen, schilderte die Staatsanwältin. Kaum habe er die Garagentür geöffnet, sei ein Holzprügel auf ihn zugekommen, berichtete das Opfer im Video der kontradiktorischen Einvernahme. Der Niederösterreicher war laut seiner Aussage zurück getaumelt und hatte seinen eigenen Sohn als Angreifer erkannt. Weiters erinnerte sich der 51-Jährige an die Worte "Papa, ich zieh das durch. Ich muss dich umbringen" und einen Angriffslaut. Der junge Mann hat dem Vater laut Anklage mit einer Fahrzeugantenne in den Bauch stechen und ihn mit einem Stoffgürtel erwürgen wollen.

"Habe mir gedacht, es ist wirklich aus"

"Ich habe mir gedacht, es ist wirklich aus", meinte der 51-Jährige. Der Niederösterreicher konnte sich befreien und zu einer Nachbarin flüchten, von wo aus die Polizei verständigt wurde. Der Angeklagte hatte daraufhin versucht, sich das Leben zu nehmen. Er wurde von der Polizei entdeckt und soll laut Exekutive erklärt haben, dass das Tagebuch nicht gelesen werden solle.

Der 18-Jährige schilderte den Vorfall vor Gericht anders und berichtete von einem Streit über Drogenkonsum. Sein Vater sei enttäuscht gewesen. Dann sei "alles so schnell gegangen", der 51-Jährige sei auf ihn zugegangen und er habe "aus Panik" mit dem Holzstück zugeschlagen. Er habe direkt auf den Kopf getroffen, erzählte der Salzburger. Im Zuge eines Handgemenges habe er dem 51-Jährigen mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Einen Angriff mit der Antenne und einen Versuch, seinen Vater zu erwürgen, bestritt der 18-Jährige.

Beide Beteiligten wurden bei dem Vorfall verletzt. Der 51-Jährige erlitt leichte Blessuren und wurde im Spital behandelt. Nach einer Schädel-OP beim Vater könnten durch kräftiges Zuschlagen mit dem Kantholz lebensbedrohliche Verletzungen entstehen, sagte Gutachter Wolfgang Denk. Von dem Eingriff infolge eines Radunfalls seines Vaters 2021 hatte der Angeklagte seinen Angaben zufolge nichts gewusst.

Der Vater, der als sparsam und misstrauisch beschrieben wurde, hatte seinem Sohn rund um dessen 18. Geburtstag sein Geheimversteck für Bargeld und Sparbücher gezeigt. Vor dem Besuch hatte er die Gegenstände entfernt. Nach dem Vorfall stellte er Manipulation an dem Versteck fest. Er vermutete, dass sein Sohn während seines Einkaufs Bargeld und Sparbücher gesucht habe.

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    Akute Belastungsreaktion

    Laut dem Sachverständigen Werner Brosch hatte der Vater infolge des Vorfalls eine akute Belastungsreaktion. Opfervertreterin Elisabeth Januschkowetz machte 3.600 Euro für körperliche und psychische Schmerzen geltend. Der Betrag wurde anerkannt.

    Zum Verhältnis mit seinem Vater hatte der 18-Jährige drei Tage vor seinem Besuch in sein Tagebuch, das er auch zum Besuch mitnahm, geschrieben: "Mein Ziel ist nicht, mich mit ihm zu versöhnen." Zudem hatte er notiert: "Ich weiß nicht, warum ich den Gedanken habe, meinen biologischen Erzeuger zu töten", aber später mit Tipp-Ex überdeckt. "Meistens, wenn ich in das Tagebuch eingeschrieben habe, war ich eingeraucht", meinte der Angeklagte. Im August 2021 hatte er festgehalten: "Ich hoffe, einmal richtig viel Geld zu bekommen." Mit dem im Tagebuch erwähnten "gefährlichen Parasiten" im Kopf habe er den inneren Schweinehund gemeint, erklärte der junge Mann.

    Laut Gutachter Brosch war der 18-Jährige zum Tatzeitpunkt zurechnungsfähig, die Diskretions- und Dispositionsfähigkeit waren aber erheblich eingeschränkt. Die Voraussetzungen für die Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher liegen dem Sachverständigen zufolge nicht vor.

    Unterschiedliche Versionen

    Die Staatsanwältin verwies im Schlussvortrag auf die zwei am Montag vom Vater und Sohn präsentierten unterschiedlichen Versionen. Sie vermisste eine Erklärung für das mehrfache Hinschlagen des Angeklagten, das Opfer bezeichnete sie als glaubwürdig. Verteidiger Martin Engelbrecht betonte im Schlussplädoyer, die Tagebucheinträge würden keinen Tatplan zeigen. Es sei seinem Mandanten nicht darum gegangen, den Mann zu töten. Der Rechtsanwalt ersuchte um eine Verurteilung wegen eines Körperverletzungsdelikts. Es tue ihm leid, dass die Situation so eskaliert sei, sagte der Angeklagte in seinen Schlussworten. Er habe seinen Vater "zu keinem Zeitpunkt" töten wollen.

    Der 18-Jährige ist nach einem Autounfall im alkoholisierten Zustand mit Sachschaden Ende 2021 vorbestraft. Er war heuer im Februar vom Bezirksgericht Hallein wegen Gefährdung der körperlichen Sicherheit zu einer Geldstrafe verurteilt worden.

    Das Urteil beim Prozess am frühen Montagabend am Gericht St. Pölten: Elf Jahre Haft wegen Mordversuchs für 18-Jährigen. Das Geschworenen-Urteil fiel einstimmig aus, das Urteil ist nicht rechtskräftig.

    Hilfsangebote für Personen mit Suizidgedanken und deren Angehörige bietet das Suizidpräventionsportal des Gesundheitsministeriums. Unter www.suizid-praevention.gv.at finden sich Kontaktdaten von Hilfseinrichtungen in Österreich. Infos für Jugendliche gibt es unter www.bittelebe.at