Politik

"200 bis 400 € mehr" – Kanzler sagt neuen Geldbonus an

Karl Nehammer (VP) spricht in "Heute" über einen neuen Heizkosten-Zuschuss, den Klimabonus – und einen Erfolg bei der Bekämpfung illegaler Migration. 

Clemens Oistric
Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) im <em>"Heute"</em>-Interview mit Clemens Oistric
Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) im "Heute"-Interview mit Clemens Oistric
"Heute"

Vor exakt einem Jahr ist Sebastian Kurz aus der Spitzenpolitik zurückgetreten, seither hat Karl Nehammer (VP) im Kreisky-Zimmer am Ballhausplatz Platz genommen. Im "Heute"-Interview (in voller Länge als Video unten) sagt er anlässlich des Jubiläums einen neuen Geldbonus für die Österreicher an. Denn: Es gebe "ein Thema mit dem Heizen". Karl Nehammer: "Ich habe den Arbeits- und den Finanzminister beauftragt, ein Modell zu entwickeln, dass die Bundesländer, die schon jetzt den Wohn- und Heizkostenzuschuss ausbezahlen, den Bezieherkreis erweitern und jenen Menschen, die es tatsächlich brauchen, mehr Geld geben können."

"Das werden die Menschen spüren"

Angesprochen auf die multiplen Krisen – von Asyl über Teuerung bis hin zum Klima – im Land gibt sich der 50-Jährige keinen Illusionen hin: "Als Bundeskanzler nehme ich die Sorgen sehr ernst. Wir haben eine Reihe an Maßnahmen beschlossen, die die Teuerung abfedern sollen. Da jeder in Österreich Strom benötigt, ist ab 1. Dezember eine Stromkostenbremse in Kraft. Das werden die Menschen spüren." 

Was der neue Heizkostenzuschuss konkret bringen wird? Nehammer: "Eine spürbare Entlastung zwischen 200 und 400 Euro für die Haushalte." Mehr Menschen als bisher werden anspruchsberechtigt sein – und auch die Höhe der Zuschüsse soll angehoben werden. Laut Nehammer werde das Modell noch im Dezember vorliegen; das Geld dann im ersten Quartal 2023 bei den Menschen ankommen. 

Video: Das "Heute"-Interview

Nehammer: Dann gibt es wieder Klimabonus

Ob – wie von den drei roten Länderchefs gefordert – der zweite Teil der CO2-Steuer (würde Tanken neuerlich teurer machen) ab 1.1. tatsächlich ausgerollt wird, wollte der Kanzler nicht beantworten. Er verwies auf Klimabonus und Pendlerpauschale, welche die dadurch verursachte Teuerung abfedern würden. Dann stellt er klar: "Wenn tatsächlich eine weitere Stufe der CO2-Bepreisung erreicht wird, wird auch der Klimabonus augezahlt. Das ist immer ein kommunizierendes Gefäß."

Können wir 2023 also fix wieder mit einem Klimabonus rechnen? Nehammer: "Wenn es eine CO2-Bepreisung gibt. Die Entlastung der Menschen steht grundsätzlich im Vordergrund." Er betont: "Die Bundesregierung gibt ganz viel Steuergeld aus, damit die Menschen, die weniger Geld haben, durch die Krise kommen." Es gebe dabei "Streuverluste", man wolle jedoch "schnell und nachhaltig helfen".

Erfolg bei Verhinderung illegaler Migration

Beim Migrationsthema will Nehammer angesichts von Rekord-Asylzahlen "mehr Stabilität an den Grenzen des Westbalkans erreichen" und "illegale Migration reduzieren oder sogar verhindern". Er habe unlängst Serbiens Präsident Aleksandar Vučić getroffen. "Warum? Serbien hat ein sehr liberales Visa-System. Das heißt: Es ist sehr einfach von Serbien oder Indien nach Tunesien zu kommen. Es ist gelungen, die Visa-Liberalität für Tunesien zurückzunehmen, das ist schon deutlich sichtbar. Hatten wir unlängst noch 90 Antragsteller für Asyl aus Tunesien, sind es mittlerweile nur noch acht bis neun am Tag." Serbien habe Österreich beim Kanzler-Besuch zudem auch zugesichert, die Visa-Liberalisierung für Indien aufzuheben. Nehammer: "Es gibt auch keine Bleibeberechtigung für diese Menschen."

"Nein zu Schengen-Erweiterung"

Wie sich die Asylzahlen 2023 entwickeln werden, wagt er nicht zu prognostizieren, sagt aber: "Wir werden auf jeden Fall eine Reduktion bei Indern und Tunesiern erreichen. Das wird man deutlich spüren." Er pocht auf "ein klares Nein zur Schengen-Erweiterung Richtung Bulgarien, Rumänien und Türkei". Dies sorge für Unruhe in der EU, "aber wir müssen österreichische Interessen wahren", betont der Regierungschef. 

Kurz "differenziert sehen"

Die Bilanz der türkis-grünen Regierung könne sich insgesamt sehen lassen: "Wir haben Rekord-Beschäftigung, eine Wirtschaftswachstum und Anti-Teuerungsmaßnahmen, die wirken." In einem Hintergrundgespräch mit 17 Journalisten verteidigte Nehammer am Donnerstag auch die Bestellung von Gerald Fleischmann zum Kommunikationschef der ÖVP. Er wird als Beschuldigter in der Chat-Affäre geführt. Die Situation für die Volkspartei sei "zweifelsohne eine schwierige".

Die Obmannschaft von Sebastian Kurz möchte er "differenziert sehen". Sebastian Kurz sei es gelungen, "aus der Volkspartei wieder eine breite Volkspartei zu machen, in der sich jemand, der eine kleine Pension bezieht, genauso zuhause fühlt, wie jemand, der ein Industrieunternehmen führt." Diese Breite sei ein Wert der Volkspartei. Innenpolitisch ortet Nehammer derzeit eine "toxische Gemengelage"; seriöse Meinungsumfragen würden ihm "ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen ÖVP, SPÖ und Freiheitlichen" signalisieren.

"Ich bin ein hinterfragender Bundeskanzler. Es gibt immer mehr zu wissen."

Wollte er 2021 noch ein "lernender Bundeskanzler sein", sieht er sich heute als "hinterfragender Bundeskanzler", denn: "Es gibt immer mehr zu wissen und immer eine Frage mehr zu stellen – das ist mein Motto als Bundeskanzler."

Fällt die GIS?

Auf eine Frage von "Heute", ob er sich als weitere Entlastungmaßnahme für die Bevölkerung ein Aus der GIS-Gebühr und Budgetfinanzierung des ORF (wie von den Grünen angedacht) vorstellen könne, sagt Nehammer: "Der Vorschlag ist grundsätzlich interessant, es darf hier keine Diskussions- und Denkverbote geben. Die Medienministerin ist aktuell dabei, eine gute Lösung zu erarbeiten." Als "spannend" bezeichnete Nehammer angesichts dieses Vorstoßes, wie sich die Debatte im Laufe der Jahre verändert habe: "Als Gernot Blümel meinte, ein budgetfinanzierter ORF sei denkbar, hat das noch zu Empörung geführt."

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    Kanzler Karl Nehammer war am Mittwoch erneut zum ÖVP-U-Ausschuss geladen.
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