Sportmix

200 km/h ohne Pedal: "Heute" testet "Rollstuhl-Porsche"

PS-Power ohne Pedale! Am Red-Bull-Ring können Menschen mit Behinderung in umgebauten Boliden Gas geben. "Heute" wagte den Selbstversuch.

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Der umbaute Porsche Cayman beim Test am Red-Bull-Ring
Der umbaute Porsche Cayman beim Test am Red-Bull-Ring
Philip Platzer, Red Bull Content Pool

Ein Rollstuhl mit 350 PS? Klingt ungewöhnlich, ist in Spielberg aber Realität. Im umgebauten Porsche 718 Cayman S können Personen mit Behinderung am Red-Bull-Ring jetzt Rennsport-Luft schnuppern. "So können Menschen, die auf den Rollstuhl angewiesen sind, neue Formen der Mobilität ausprobieren und auch ein Gefühl dafür bekommen, wie man Autos im Grenzbereich bewegen kann", erklärt Motorsport-Experte und Ex-Skisportler Reini Sampl, der seit einem schweren Skiunfall mit Anfang 20 selbst im Rollstuhl sitzt. Wie fühlt es sich an, einen Porsche ohne Beine zu bewegen? Braucht es Überwindung, sich ans Limit zu tasten? "Heute" wagte vor dem Lockdown in der Steiermark den Selbstversuch – und lernte die Auto-Welt aus einer neuen Perspektive kennen.

Das Cockpit sorgt auf den ersten Blick für einen überraschenden ersten Eindruck: ein Hauch von Straßenbahn! Grund: Rechts vom Fahrersitz befindet sich ein Hebel, der ein wenig an das vertraute Bild aus dem "Öffi-Cockpit" erinnert. "Damit wird beschleunigt und gebremst. Zurück ziehen bedeutet Gas, nach vorne drücken bedeutet Bremsen", erklären Sampl und Ex-Formel-1-Pilot Patrick Friesacher bei der Einschulung. Das System ist einfach: Der Hebel ist direkt mit dem Gaspedal und der Bremse verbunden. Inklusive Einbau belaufen sich die Kosten im Handel auf etwa 1.800 Euro, der Umbau ist in wenigen Stunden erledigt.

Große "Hebel-Wirkung"

Doch dann die wichtige Frage: Wohin mit den Beinen? "Man kann das Auto mit Hebel und Pedalen bedienen. Aber bitte nicht beides gleichzeitig machen, da kommt man nur durcheinander", mahnen die Instruktoren. Um nicht in Versuchung zu kommen, platziert der "Heute"-Redakteur seine Füße möglichst weit links. Eine unbequeme Sitzhaltung, die aber schnell in den Hintergrund rückt.

Denn jetzt wird es ernst: Zündschlüssel gedreht, 350 PS röhren auf, los geht's. Ein vorsichtiger Zug am Hebel – tatsächlich, der Porsche rollt los. Eine Hand am Lenkrad, eine Hand am Gashebel, die Automatik managt die Gangschaltung. Am Weg zur ersten Kurve wird es spannend: Funktioniert die Bremse auch wie gewünscht, oder geht es gleich ab ins Kiesbett? Der Hebel wird nach vorne gedrückt – aber vor Aufregung viel zu stark. Die Vollbremsung wäre nicht nötig gewesen, aber zumindest geht sich die Kurve locker aus.

Das Hebel-System von "Veigel" im umgebauten Porsche
Das Hebel-System von "Veigel" im umgebauten Porsche
Philip Platzer, Red Bull Content Pool

Mit einer Hand am Steuer über die Formel-1-Strecke

Jede weitere Kurve bringt neue Erkenntnisse. Mit jedem Bremsmanöver kommt mehr Gefühl, mit jeder Geraden steigt die Lust am Beschleunigen. Nach mehreren Runden sind die Füße kein Thema mehr, dafür wird bereits der ideale Bremspunkt und die beste Linie gesucht. Mit quietschenden Reifen geht es durch die Kurven. Auf den Geraden dreht der Drehzahlmesser bis zum roten Bereich.

Das Adrenalin lässt die Zeit schnell vergehen. Nach der letzten Runde in der Box wird deutlich: der Bolide muss zwar etwas anders bedient werden (mit einer Hand am Steuer über den Formel-1-Ring ist doch etwas ungewöhnlich), der Spaßfaktor ist aber mindestens der Gleiche.

Ex-Skispringer Lukas Müller: "Oft im Auto unterwegs"
Ex-Skispringer Lukas Müller: "Oft im Auto unterwegs"
Philip Platzer, Red Bull Content Pool

Ex-Skispringer Lukas Müller, seit seinem schweren Sturz am Kulm 2016 inkomplett querschnittgelähmt, meint zu "Heute": "Für Menschen mit Behinderung ist Mobilität ein wichtiges Thema. Ich bin oft auf das Auto angewiesen, denn ich muss durch meinen Beruf als Vermögensberater kreuz und quer durch Österreich fahren. Daher ist es absolut positiv, wenn man sich mit diesem System vertraut machen und lernen kann, wie einfach es zu bedienen ist." Nachsatz: "Das Training hilft bestimmt bei der Fahrsicherheit – und Spaß macht es auch."

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