Österreich

232.000 Euro für gefolterten Asylwerber

Ein neues Gutachten im Fall Bakary J. zeigt: Das Opfer trägt dauerhafte psychische Schäden, mit denen es wohl ein Leben lang kämpfen muss.

Heute Redaktion
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Bakary J. hat mit psychischen Schäden zu kämpfen.
Bakary J. hat mit psychischen Schäden zu kämpfen.
Bild: Sabine Hertel, privat

Der 44-jährige Gambier kämpft seit Jahren um Gerechtigkeit: Im April 2006 wehrte sich Bakary gegen eine Abschiebung in sein Heimatland. Vier Beamte der Wega griffen dann mit voller Brutalität durch.

Sie zerrten den Mann in eine Lagerhalle. Dann begann das Martyrium von Bakary: Drei Beamte prügelten auf den 44-Jährigen ein, schlugen ihn beinahe tot. Einer sah zu.

Anschließend richtete ein Beamter seine Waffe auf den am Boden liegenden Mann. Er sagte zu ihm: "Spricht dein letztes Gebet!" Anschließend drückte er ab - der Schuss löste sich jedoch nicht. Anstatt von dem Gambier abzulassen, stiegen sie in ein Auto und fuhren den Mann an.

Neues Gutachten zeigt schwere der psychischen Schäden

Der 44-Jährige wurde mit schwersten Verletzungen ins Spital gebracht: Bruch des Mittelgesichtsschädels, auch Augen- und Kieferhöhle waren gebrochen, Prellungen des Beckens, Nackens und der Schulter. Der Kommentar eines Beamten: "Unglaublich, er hat überlebt."

Die äußerlichen Wunden sind verheilt, die innerlichen jedoch nicht. Und das wird sich wohl auch nicht mehr ändern. Das sagt zumindest ein aktuelles Gutachten, das dem "Kurier" vorliegt.

Laut der Untersuchung leide Bakary unter einer Paranoia. Diese Angst, dass er ständig in Gefahr sei, würde ihn auch bis ans Lebensende begleiten.

Höchstes je zugesprochene Schmerzensgeld

Der Sachverständige rechnete zudem das Schmerzensgeld aus, das dem Gambier wohl zustehen würde: Inklusive der Annahme, wie sich die Krankheit über die nächsten Jahre auswirkt, müsste Bakary 232.000 Euro zugesprochen bekommen - die höchste je zugesprochene Summe.

Errechnet wurde das Geld durch die Schmerzperioden. So schätzte der Sachverständige das Leid des 44-Jährigen auf 50 schwere, 660 mittlere und 640 leichte Tage ein. Umgerechnet auf den in Wien üblichen Schmerzensgeldtarif bedeutet das 110 Euro für leichte, 220 Euro für mittlere und 330 Euro für schwere Tage.

Berechnet man die erschwerten Lebensumstände, könnte noch eine höhere Summe am Ende ausfallen.

Bislang bekam der Gambier 110.000 Euro vom Staat zugesprochen. Die wurden jedoch bereits aufgebraucht, aufgrund der hohen Therapiekosten.

Erster Psychiater gab Opfer indirekt Schuld

Die Polizisten wurden erst sechs Jahre nach dem Vorfall vom Dienst entfernt. Bei dem Opfer entschuldigte man sich bis heute nicht.

Ein zuvor vom Gericht bestellter Psychiater warf dem Gambier indirekt vor, selbst an dem Vorfall Schuld zu tragen. Diesen hätte er nämlich durch die "unerklärliche" Auflehnung gegen die Abschiebung hervorgerufen. (slo)